Die Fusion war eine Schnapsidee

Vor einem Jahr verschmolzen Guinness und Grand Metropolitan zum Getränkeriesen Diageo. Doch der erhoffte Erfolg mit Marken wie Johnnie Walker blieb aus  ■ Aus Dublin Ralf Sotscheck

Auf die Größe kommt es an, heißt es. Allerorten fusionieren die Branchenriesen, seien es Hoechst und Rhone-Poulenc, Daimler und Chrysler, Amoco und BP. Gemeinsam, so die Theorie hinter den Fusionen, gehört uns der Markt.

Das klappt nicht immer. Vor gut einem Jahr, im Dezember 1997, sind die beiden Getränkegiganten Guinness und Grand Metropolitan zusammengegangen. Die neue Firma heißt Diageo, ein lyrischer Phantasiename aus dem lateinischen Wort für „Tag“ und dem griechischen Wort für „Welt“. Und die Welt ist wirklich der Markt für die neue Megafirma: 7.000 Schnapssorten gehören ihr, darunter die Marktführer Johnnie Walker, Gordon's Gin, Bailey's Irish Cream, Smirnoff Wodka – und natürlich der irische Bierbrauer Guinness. Hinzu kommen die Lebensmittelsparten Pillsbury, Hägen Dazs und Burger King.

Das Wachstum, das man damals prophezeit hatte, ist nicht eingetreten – im Gegenteil. Die Umsätze sind im vergangenen Jahr um sieben Prozent zurückgegangen, der Pofit ist um vier Prozent auf 1,3 Milliarden Pfund gefallen, wenn man es mit den Zahlen vor der Fusion vergleicht. Der Aktienpreis des Getränkeriesen Diageo hat sich nur mühsam halten können.

Das ist besonders erstaunlich, weil die Fusion zwischen Guinness und Grand Metropolitan glattergegangen ist, als Experten vorher vermuteten. Die üblichen Geburtswehen, der Streit zwischen den Führungsetagen, blieb bei Diageo aus. Die zunächst angepeilten Einsparungen, natürlich vor allem im Produktionsbereich, konnten sogar um 50 Prozent vergrößert werden, was dem neuen Unternehmen ab 2001 zusätzliche 290 Millionen Pfund weniger Ausgaben im Jahr bescheren wird.

Offiziell ging es Diageo aber gar nicht um Einsparungen, sondern um langfristiges Wachstum. Doch der Alkoholmarkt, in dem das Unternehmen mehr als die Hälfte seiner Profite erwirtschaftet, stagniert, manche Wirtschaftsanalysten glauben, daß er bis 2000 sogar schrumpfen wird. Für Johnnie Walker ist das bereits 1998 eingetreten: Der weltweite Umsatz sank um 13 Prozent, was allerdings hauptsächlich am Zusammenbruch des asiatischen Marktes lag. Dort ging der Verkauf der erfolgreichsten Whiskymarke der Welt um 40 Prozent zurück. Insgesamt stieg Diageos Getränkeumsatz im vorigen Jahr um ein müdes Prozent, ein schwaches Ergebnis, wenn man es an den hochgesteckten Erwartungen bei der Fusion mißt.

Die Diageo-Manager hatten geglaubt, mit Hilfe der führenden Marken auch die schwächeren Namen im Handel durchzusetzen. Der Analyst Charles Winston sieht jedoch keinen einzigen Diageo- Mitläufer, der es weltweit schaffen könnte. Zwar besitzt das Unternehmen 18 der 100 umsatzkräftigsten Weine und Spirituosen, aber die machen auf dem Weltmarkt zusammen nur fünf Prozent beim Schnaps und ein Prozent beim Wein aus. Den Großteil des Profits haben höchstens 80 der 7.000 Marken eingefahren, und davon sind nur sieben weltweit vertreten. Das größte Wachstum hatten in den vergangenen zehn Jahren andere Unternehmen mit unbekannten Marken zu verzeichnen, etwa thailändischer Rum oder japanischer Shochu.

So macht man sich bei Diageo Gedanken darüber, ob man die Mitläufer abstoßen sollte. Doch Pillsbury, das für ein Viertel des Gewinns bei der Megafirma sorgt, ist seine sechs Marken, die es abstoßen wollte, bis heute nicht losgeworden. Und bei den Fleischbrötchenmonteuren von Burger King, die mit elf Prozent das größte Wachstum aller Diageo-Unternehmen erreichten, fragt man sich inzwischen, ob man nicht noch besser dastehen würde, wenn die Firma an die US-amerikanische Börse ginge. Das Geld könnte Diageo dann in den Schnapssektor pumpen.

Es gibt auch einen Silberstreifen am Horizont der gebeutelten Superfirma: Einige neue Produkte, wie Eiscreme aus grünem Tee, Johnnie-Walker-Pullover oder gekühltes Guinness, das vor allem auf jüngere Biertrinker abzielt, haben durchaus eingeschlagen. Aber das ist nicht dem vielbeschworenen Synergie-Effekt zu verdanken, denn diese Produkte hatten die Testphase bereits vor der Fusion durchlaufen. Diageo ist bisher nichts weiter als eine durchschnittliche Firma – wenn auch eine sehr große.