■ Ost-SPDler opponieren gegen eine Zusammenarbeit mit der PDS
: Nicht ob, sondern wie ist die Frage

Seit fünf Jahren läßt sich die SPD in Sachsen-Anhalt von der PDS tolerieren, seit drei Monaten koalieren beide Parteien in Mecklenburg-Vorpommern, ohne daß deshalb der verfassungsrechtliche Ausnahmezustand ausgerufen werden mußte. Was treibt ausgerechnet jetzt namhafte SPD-Politiker aus dem Osten, in einem Brandbrief ihren Bundesvorstand zu einer grundsätzlichen Debatte über das Verhältnis der beiden Parteien aufzufordern? Die Frage der Zusammenarbeit kann kaum mehr Gegenstand einer solchen Auseinandersetzung sein, denn diese ist bereits entschieden. Was in Mecklenburg-Vorpommern recht ist, dürfte in Thüringen billig sein.

Nicht mehr das Ob, sondern das Wie des Verhältnisses der beiden Parteien steht zur Diskussion. Das mag schmerzlich für jene sein, die zu Recht die totalitäre Tradition der SED-Nachfolger anprangern. Es kennzeichnet allerdings die zentrale Schwierigkeit, mit der die PDS zu kämpfen hat, seit sie den Weg der Partizipation beschritten hat.

So ideologisch wie erfolgreich hatte sie sich als Interessenverwalterin des Ostens aufgespielt – nun steht sie in tagespolitischer Konkurrenz zu den anderen Parteien. Simpel und widersprüchlich sind nach wie vor die Positionen gestrickt, mit denen sich die PDS als linke Alternative zur SPD ausweisen will. Die Beteiligung an der Exekutive zwingt sie da zu einer größeren Klarheit. Die aktuellen Kontroversen um Amnestie und Politikfähigkeit sowie die Proteste gegen die Einstellung des Ex-Spions Rupp zeugen von der zerrissenen Lage, in welcher die PDS sich mittlerweile befindet. Sie findet ihre Zuspitzung in der Prognose Bries, die nächsten vier Jahre würden über das Schicksal der Partei entscheiden.

Das ist allerdings für die SPD kein Grund, die PDS als Schicksalsfrage zu debattieren. Sie koaliert mit der PDS aufgrund einer hinreichenden politischen Übereinstimmung, doch nicht weil sie Bruderparteien sein könnten. Wer solch eine Sichtweise erwägt, denkt noch immer in Kategorien der Arbeiterbewegung. Sie koaliert mit der PDS, weil sie meint, so die Entwicklung der jeweiligen Bundesländer besser gestalten zu können. An den Wahlergebnissen wird sich erweisen, wer die Interessen der Ostdeutschen besser vertritt. Strategien, die darauf abzielen, die PDS in einer Koalition zu entzaubern, sind ebenso unsinnig wie eine prinzipielle Abgrenzung. Ausgangspunkt der Politik kann nur die eigene Programmatik sein. Soviel Selbstbewußtsein sollten sich auch die Sozialdemokraten im Osten zubilligen. Dieter Rulff