Peter Strieder ruft die SPD jetzt zu Geschlossenheit auf

■ Das Schauspiel um Walter Mompers Kandidatur in Reinickendorf schadet der ganzen Partei, meint Umweltsenator Strieder. Sein Angebot, den Parteivorsitz zu übernehmen, stehe noch immer, seine endgültige Rolle entscheide sich aber erst nach der Urwahl

taz: Herr Strieder, die Urwahl zwischen Walter Momper und Klaus Böger ist bislang recht friedlich verlaufen. Nun ist es wegen Mompers Absicht, in Reinickendorf für ein Abgeordnetenhausmandat zu kandidieren, doch zum Streit in der SPD gekommen. Wäre das nicht vermeidbar gewesen?

Peter Strieder: Walter Momper, Klaus Böger und ich haben im September vergangenen Jahres bei einem Gespräch im Hilton verabredet, daß sich keiner beleidigt zurückzieht, wenn er die Urwahl verliert. Wir haben vereinbart, daß der Verlierer sich ernsthaft an der Wahlkampagne beteiligt und für Positionen zur Verfügung steht. Momper hat gegenüber Böger erklärt, er habe kein Interesse daran, ihn im Falle eines Wahlsieges als Fraktionschef abzulösen. Böger seinerseits hat zugesichert, sich als Spitzenkandidat dafür einzusetzen, daß Momper einen sicheren Listenplatz bekommt, weil es wichtig ist, daß Walter Momper in der Politik der SPD verankert bleibt.

Momper hat mit seiner Kandidatur den Reinickendorfer Kreisvorsitzenden Reinhard Roß übergangen. Wäre es nicht besser gewesen, wenn Momper einen weniger konfliktreichen Weg zu einem sicheren Listenplatz gewählt hätte?

Ich kann nicht beurteilen, was für Gespräche im Vorfeld gelaufen sind. Es war absehbar und verständlich, daß sich Reinhard Roß bei einer solchen Kampfansage wehren wird. Das geschieht dann meistens nicht ganz lautlos.

Schadet dieser Streit Momper?

Das kann ich nicht beurteilen. Aber wenn die Komparsen der Stadt ein Schauspiel liefern, aus dem der Eindruck entsteht, die SPD sei nicht geschlossen, schadet das der ganzen Partei.

SPD-Parteichef Detlef Dzembritzki hat Walter Momper eine Verletzung von Fairneß und Solidarität vorgeworfen. Hätte er sich als Parteichef nicht neutral verhalten müssen?

Wir sollten uns auf die Auseinandersetzung der beiden Kandidaten konzentrieren und das Florett, mit dem da gefochten wird, nicht unsichtbar machen durch Pulverdampf, den Anhänger verbreiten. Ich rate zu mehr Gelassenheit und dazu, die Nerven zu bewahren.

Bei der Urwahl zwischen Momper und Stahmer 1995 war es ein Nachteil, daß sich einige Momper- Anhänger nicht im Wahlkampf engagierten. Diesmal wollen beide Teams den Wahlkampf gemeinsam bestreiten. Ist das durch den Streit gefährdet?

Ich gehe davon aus, daß die Vereinbarung, die wir im Hilton getroffen haben, nach wie vor gilt. Es kommt darauf an, die SPD nach der Urwahl schnell hinter dem Spitzenkandidaten zu versammeln, egal wer es wird. Beide tragen für die Geschlossenheit der Partei nach der Wahl eine hohe persönliche Verantwortung.

Böger könnte dies leichter fallen, weil er einen großen Teil der Funktionäre hinter sich hat. Glauben Sie, daß Walter Momper dies gelingen kann?

Die Geschlossenheit der Partei ist die Voraussetzung für den Wahlerfolg, der greifbar nahe ist. Ich glaube nicht, daß es in der Partei Menschen gibt, die sich dieser Einheit verweigern werden, weil eine Personalentscheidung getroffen worden ist, die ihnen nicht paßt. Walter Momper muß sich anstrengen, die Mitglieder für den Wahlkampf zu mobilisieren, und Klaus Böger muß das auch.

Welche Rolle werden Sie nach der Urwahl spielen? Sie hatten im November angeboten, für den Parteivorsitz zu kandidieren.

Ich habe angeboten, mitzuhelfen, der SPD Profil und Geschlossenheit zu geben. Das Angebot steht. Wie die Partei und der künftige Spitzenkandidat damit umgehen, wird man nach dem 17. Januar sehen. Interview: Dorothee Winden