Betr.: Huschang Golschiri

„Manchmal nehmen sie vier von uns oder fünf, manchmal nur für eine halbe Stunde. Das passiert halt so – manchmal für kurze Zeit, manchmal für länger“, berichtete Huschang Golschiri im vergangenen Oktober im Interview der taz. Kurz zuvor war der iranische Schriftsteller zum wiederholten Male verhaftet und einem Richter vorgeführt worden. Doch anders als sonst war dieser nicht auf politische, sondern auf Rauschgiftdelikte spezialisiert – eine klare Drohung, daß man dem Verhafteten auch mittels konstruierter Vorwürfe einen Prozeß machen könne. Golschiri berichtete anschließend der taz: „Ich hatte den Eindruck, daß es diesmal gefährlicher war als sonst.“ Danach setzte sich der 61jährige hin und überarbeitete seinen Text „Der Gefangene von Baghan“, den wir hier gekürzt dokumentieren. Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Geschehnissen und Personen sind beabsichtigt.

Golschiri ist einer der bekanntesten zeitgenössischen Literaten Irans – obwohl die meisten seiner Werke in seiner Heimat nicht erscheinen dürfen. Mit Repressionen hat er langjährige Erfahrung. Schon zu Zeiten des Schah saß er aus politischen Gründen im Gefängnis. 1981, zwei Jahre nach der Islamischen Revolution, verlor er seinen Lehrauftrag an der Hochschule der Künste. Seither lebt er als freier Autor und Herausgeber von Literaturzeitschriften mit Frau und Kindern in Teheran.

1994 stand Golschiris Name unter dem „Aufruf der 134“, einem inzwischen legendären Appell zur Gründung eines unabhängigen iranischen Schriftstellerverbandes. Die meisten Unterzeichner bekamen anschließend Probleme mit den Behörden, Golschiri wurde mehrfach verhört.

1997 reiste er auf Einladung der Heinrich-Böll-Stiftung für mehrere Monate nach Deutschland. Entgegen dem Rat vieler seiner Freunde entschloß er sich zur Rückkehr. Zusammen mit sechs Kollegen bildete er im vergangenen Jahr ein Gründungskomitee für einen Schriftstellerverband. Dieser harte Kern der renitenten Literaten ist von der derzeitigen Mordserie an iranischen Intellektuellen besonders hart betroffen. Zwei der fünf Ende letzten Jahres ermordeten Dissidenten gehörten zu dem Kreis: Mohammad Mohtari und Mohammad Dschafer Pujande.

Als angebliche Täter wurden inzwischen mehrere Mitarbeiter des iranischen Geheimdienstes verhaftet. Von Golschiri erschien im vergangenen Jahr auf deutsch die Textsammlung „Der Mann mit der roten Krawatte“ (C. H. Beck, München, 48 DM). Thomas Dreger

Foto: Thomas Dreger