SPD will Vorfahrt für die Straße

■ Obwohl der Koalitionsvertrag mehr Geld für die Schiene fordert, legt Müntefering einen Wissmann-Haushalt vor: Investitionen für Bahn bleiben gleich, Geld für Straßenbau steigt an

Berlin (taz) – Eine Wende in der Verkehrspolitik wird es nach dem Willen von Bundesverkehrsminister Franz Müntefering (SPD) zumindest in diesem Jahr nicht geben. Im Haushaltsentwurf des Verkehrsminsteriums für 1999, der morgen im Kabinett eingebracht wird, sind entgegen den Absichten aus der Koalitionsvereinbarung die öffentlichen Investitionen für Bahnprojekte im Vergleich zum 98er Haushalt gleichgeblieben, während 100 Millionen Mark mehr in den Bau von Straßen gesteckt werden sollen. Das bestätigte gestern der Sprechers des Verkehrsministeriums, Michael Donnermeyer, auf Anfrage der taz.

Demnach plant die Verkehrsbehörde für 1999 Investitionen von 6,7 Milliarden Mark für den Schienenverkehr. Für Bau und Ausbesserung von Straßen werden allerdings 8,4 Milliarden Mark veranschlagt. Damit liegt der Verkehrshaushalt auf Wissmann-Kurs: Münteferings Amtsvorgänger hatte für 1998 die gleiche Summe für die Schiene und 8,3 Milliarden für die Straße ausgegeben. SPD und Grüne hatten in ihrer Koalitionsvereinbarung dagegen festgehalten, die „Investitionsmittel für Straße und Schiene schrittweise anzugleichen.“

Daß das nun nicht passiert, begründete Donnermeyer mit Altlasten aus der vorigen Legislaturperiode. „Es sind so viele Projekte festgelegt worden, daß wir für Umschichtungen im Haushalt kaum Bewegungsspielraum haben.“ Man müsse sich an bestehende Verträge halten und deshalb fast alle der von Wissmann begonnenen Projekte weiterführen. Es sei ein großer Erfolg, daß das Niveau der Verkehrsinvestitionen trotz der Sparrunden gleichgeblieben sei. „Luft für Veränderungen werden wir erst in zwei bis drei Jahren haben“, so Donnermeyer.

Das ist den Grünen allerdings zu lange. Für den Verkehrsexperten Ali Schmidt gibt es „erhebliche Finanzierungsspielräume“, die allerdings eine politische Entscheidung verlangten. Wenn man etwa das Projekt Transrapid beende, könne man im Haushalt 1999 270 Millionen und in den weiteren Jahren jeweils etwa 1 Milliarde Mark sparen.

Auch die mittelfristige Finanzplanung im Verkehrsressort trägt die Handschrift von Matthias Wissmann – von der SPD-Spitze im Ministerium völlig unbestritten. Nach Angaben von Donnermeyer wurden für diese Planung aus Zeitmangel die Zahlen der Vorgänger übernommen: Demnach steigt für die Jahre bis 2001 die Summe bei den Schieneninvestionen auf 6,9 Milliarden jährlich, der Straßenbau bleibt bei 8,4 Milliarden Mark. „Das ist aber keine politische Aussage über unsere Planung“, so Donnermeyer. Bernhard Pötter