Bildung auf flachem Anstieg

4300 SchülerInnen weniger: Aktuelle Behördenprognose sorgt für neue Debatte um Einsparung von Lehrerstellen in Hamburg  ■ Von Karin Flothmann

Hamburgs Schulbehörde hat sich um 4300 Schüler verrechnet. Noch 1997 war die Behörde davon ausgegangen, daß bis zum Jahr 2001 die Zahl der SchülerInnen an Hamburgs Schulen um 13.400 anwachsen wird. Schon die Herbststatistik des vergangenen Jahres enthüllte jedoch, daß die Schülerzahlen nicht im vermuteten Maße steigen dürften. Gestern gab die Schulbehörde nun bekannt, sie habe eine neue Prognose erstellt. „Danach ist von einem weiterhin flacheren Anstieg der Schülerzahlen auszugehen.“ Knapp 218.000 SchülerInnen, so berechnete die Behörde, werden im Jahr 2001 Hamburger Schulen besuchen. „Das sind etwa 4300 Schüler weniger als ursprünglich angenommen.“

Derzeit prüfen Schul- und Finanzbehörde, welche Konsequenzen sich aus diesen neuen Zahlen ergeben. Denn Schülerzahlen und Lehrerstellen sind eng miteinander verknüpft. Rein rechnerisch fehlen in Hamburg 900 Lehrer für die zusätzlich erwarteten Schüler – zumindest auf Grundlage der alten Prognose. Dieses Lehrerdefizit, so errechnete die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) gestern geschwind, vermindere sich nun um 300 Stellen.

„Die jetzt entstandene entspanntere Lage kann und muß endlich für mehr und bessere Bildung genutzt werden“, lautet die konsequente Folgerung von GEW-Chefin Anna Ammonn. Immerhin böte sich die Möglichkeit, auf die Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung für ältere LehrerInnen zu verzichten, die im August eingeführt werden soll. Zugleich könnten endlich Möglichkeiten geschaffen werden, auch junge Lehrer in den Hamburger Schuldienst einzustellen.

Nötig wäre dies allemal. Der Altersdurchschnitt in Hamburger Schulkollegien liegt derzeit bei 51 Jahren. Ammonn fordert daher, „die rund 300 Lehrerstellen Minderbedarf müssen dem Schulbehörden-Haushalt erhalten bleiben.“ Sonst würde der Senat „eine Chance zur Befriedung an den Schulen vertun“.

Der Koalitionsvertrag zwischen SPD und GAL sieht jedoch vor, daß auch der Lehrerstellenplan zur Konsolidierung des Hamburger Haushalts herangezogen wird. Die Höhe des Sparbetrags, der an die Finanzbehörde abgeführt werden muß, ist dabei abhängig von den aktuellen Schülerzahlen. Schon im Herbst hatte Schulsenatorin Rosemarie Raab (SPD) angedeutet, daß sich die Sparverpflichtung ihrer Behörde erhöhen könnte, da sich ja die Voraussetzungen verändert hätten.

Günter Frank, schulpolitischer Sprecher der SPD, geht deshalb davon aus, daß die Finanzbehörde „auf jeden Fall“ ein Stück mehr von dem Kuchen der Schulbehörde abbekommt. Wie hoch der „Entlastungseffekt“ für die Behörde anschließend noch sei, werde jedoch erst in ein paar Tagen klar. Erst dann ließe sich sagen, „an welcher Stelle“ bei den Lehrern „gegebenenfalls auf Einsparungen verzichtet werden kann“.

Die GAL hatte im November vorigen Jahres noch angekündigt, sie wolle auf jeden Fall verhindern, daß weitere Lehrerstellen aufgrund der neuen Zahlen eingespart werden müssen. Eine Stellungnahme zur neusten Entwicklung der Schülerzahlen gab der SPD-Koalitionspartner gestern bis zum Redaktionsschluß nicht mehr ab.