„Die besten Leute gehen weg“

■ Berufsschulen finden nur noch wenige Junglehrer, die bei ihnen arbeiten wollen. Personalrat: Die Behörde ist schuld daran

Die Einstellungspraxis der Schulbehörde bei Junglehrern „führt mittlerweile zu erheblichen fachlichen Engpässen“ an Hamburgs Berufsschulen. Das konstatierte gestern der Personalrat der beruflichen Schulen. Denn neue LehrerInnen werden in Hamburg seit geraumer Zeit nur noch auf Dreiviertel-Stellen als Angestellte beschäftigt. Die Folge: Im laufenden Schulhalbjahr waren mehr als 40 Prozent der neuen Berufsschullehrer nicht bereit, zu den Beschäftigungsbedingungen zu arbeiten. Rund 20 Prozent aller Neueingestellten kündigten nach wenigen Monaten wieder.

„Die besten Leute gehen weg“, erklärte Otto Pagel, stellvertretender Vorsitzender des Personalrats. Schleswig-Holstein biete so manchem Junglehrer aus Hamburg eine Vollzeitstelle im Beamtenverhältnis. Andere Berufsschullehrer wechselten gleich in die Wirtschaft. Auswirkungen hat die Einstellungspraxis auch auf die Lehrerausbildung: „Die Zahl der Studenten der Berufspädagogik ist auf dem Tiefstand“, sagte Pagel. Das Studienseminar habe zunehmend Schwierigkeiten, fachlich geeignete Referendare zu finden.

Die Schulbehörde begründet die Teilzeitbeschäftigung von Junglehrern unter anderem arbeitsmarktpolitisch: Auf diese Weise sollen mehr Lehrer eine Chance erhalten, in den Schuldienst zu kommen. Diese Begründung, so Volker Peters vom Personalrat der Berufsschulen, „ist völlig absurd“. Rund 60 Prozent der „Zwangsteilzeitbeschäftigten“ gingen neben der Schule noch einer anderen Tätigkeit nach. 58 Prozent erhielten zudem von der Schulbehörde eine Zusatzbeschäftigung als Vertretungslehrer. Der Personalrat lehnt daher die unbefristete Einstellung von Dreiviertel-Lehrern ab.

Unterstützung erhält er vom ehemaligen Präsidenten des Hamburger Rechnungshofes, Hermann Granzow. Als Vorsitzender einer Einigungsstelle versuchte Granzow in der vergangenen Woche, zwischen Schulbehörde und Personalrat zu vermitteln. Zuletzt stimmte er der Einstellungspraxis der Behörde zu, um bestehende Beschäftigungsverhältnisse nicht zu gefährden.

In einer persönlichen Erklärung vermerkte Granzow jedoch, er bedaure es, daß er als Vorsitzender der Einigungsstelle „in die unzumutbare Lage“ versetzt worden sei, „eine Entscheidung mittragen zu müssen“, die er „in der Sache nicht vertreten“ könne. Denn die unbefristet angestellten Teilzeitlehrer seien gegenüber verbeamteten Vollzeitlehrern und dem sonstigen öffentlichen Dienst materiell und sozial benachteiligt.

Karin Flothmann