Schöner arbeiten im Sozialamt

Ein neues Computersystem soll in den Berliner Sozialämtern für bessere Stimmung sorgen, Leistungsmißbrauch verhindern und auch zum Exportschlager werden  ■ Von Julia Naumann

In den Berliner Sozialämtern soll ab April Schluß sein mit überquellenden Aktenbergen, staubigen Karteikarten und veralteten Computersystemen. Die Hoffnung ruht dabei auf einer neuartigen Software mit dem Namen Basis 3000. Schritt für Schritt soll das System in allen 23 Bezirken eingeführt werden. Ziel ist es, sämtliche Anträge und Auszahlungen miteinander zu vernetzen.

Das Projekt, das vom Berliner Senat und den Softwareherstellern Oracle und PSI gemeinsam entwickelt wurde, soll Vorreiter für die gesamte Bundesrepublik werden, betonte gestern die Berliner Sozialsenatorin Beate Hübner (CDU). Geplant ist auch, das System nach der Erprobung an andere Großstädte zu verkaufen. Berlin ist mit 15 Millionen Mark beteiligt.

In Berlin leben derzeit über 270.000 SozialhilfeempfängerInnen, die von rund 3.000 MitarbeiterInnen „verwaltet“ werden. Der „Bruttoumsatz“ beträgt dabei jährlich 3,4 Milliarden Mark. Bisher ist das Antragsverfahren für Sozialhilfe äußerst umständlich und zeitaufwendig – sowohl für den Empfänger als auch für den Sachbearbeiter. Jede Leistung muß im einzelnen berechnet werden. Zieht ein Empfänger um, waren der neue und der alte Datensatz bislang nicht vernetzt. In Zukunft soll die Arbeit „punktgenau“ und „effektiv“ erfolgen, sagte Hübner.

Auch den Sozialhilfemißbrauch will die Senatorin mit dem neuen System einschränken. So soll es künftig nicht mehr möglich sein, in zwei Berliner Sozialämtern mit einer Doppelidentität Stütze zu beantragen. Das ist in der Vergangenheit immer wieder passiert, weil die Datenbanken nicht miteinander vernetzt waren. Die Überprüfung der Identität der Klienten wird wesentlich einfacher sein. Datenschutzrechtliche Bedenken gebe es dabei nicht, versicherte Hübner.

Wieviel Geld durch das neue System gespart werden kann, konnte die Senatorin gestern nicht sagen. Ebensowenig gibt es bislang Zahlen, die den Schaden, der dem Land durch Sozialhilfemißbrauch entsteht, beziffern. Erst in der vergangenen Woche war im Bezirk Neukölln, in dem sich das größte Sozialamt Europas befindet, ein 42jähriger Sachbearbeiter festgenommen worden. Er soll mindestens 300.000 Mark veruntreut haben. Um solche Vorfälle künftig zu erschweren, sollen mit der Einführung des neuen Computersystems weitere Mitarbeiter per Zufallsgenerator einzelne Zahlungsanweisungen überprüfen und abzeichnen. Der Bund der Steuerzahler hatte nach der Festnahme des Neuköllner Sachbearbeiters unter anderem Job-Rotation sowie die Schaffung unabhängiger Kontrollinstanzen gefordert.

Sozialsenatorin Beate Hübner (CDU) hofft, daß durch das neue Computersystem das Verhältnis zwischen Empfänger und Mitarbeiter in den Sozialämtern wieder „menschlicher“ wird: Bei der Bearbeitung werde Zeit eingespart, und somit habe der Angestellte mehr „Muße“, sich intensiver um die Belange des Antragstellers zu kümmern. Gerade in großen Sozialämtern würden SachbearbeiterInnen immer wieder psychisch unter Druck gesetzt und nicht selten sogar körperlich angegriffen.