Ausstieg lohnt sich

Den Energiekonzernen sind ihre Atomkraftwerke lieb und teuer. Bis über das Jahr 2030 hinaus sollen die Reaktoren laufen, fordert Viag-Chef Wilhelm Simson. Doch die Unternehmen müßten schon aus wirtschaftlichen Gründen daran interessiert sein, AKWs nach 25 bis 30 Jahren Laufzeit abzuschalten und durch neue Gaskraftwerke zu ersetzen, hat Stephan Kohler von der Niedersächsischen Energieagentur errechnet.

Denn ähnlich wie ein altes Auto kommt auch ein AKW an einen Punkt, wo Verschrotten billiger als Reparieren ist. „Nach etwa 20 Jahren sind die Atomkraftwerke steuerlich abgeschreiben“, so Kohler. Im Jahre 2009 habe sich also auch das letzte AKW über den Strompreis amortisiert. Dann erzeugen die Konzerne Strom für Betriebskosten zwischen vier und sieben Pfennig pro Kilowattstunde und verdienen gutes Geld. Doch später wird es teuer: Das AKW Würgassen wurde 1995 nach 23 Betriebsjahren abgeschaltet, weil eine Nachrüstung von 400 Millionen Mark anstand. Für Biblis A werden Investitionen von zwei Milliarden Mark verlangt. „Das Bayernwerk hat bestätigt, daß ein neues Gaskraftwerk den Strom gleich teuer oder billiger produziert als ein abgeschriebenes Atomkraftwerk“, so Kohler.

Daß alte Atommeiler keine guten Geldanlagen sind, haben gerade zwei AKW-Betreiber in den USA erfahren. Laut der Zeitschrift Atomwirtschaft wurde dort der Nachbarblock des durch die Atomkatastrophe von Harrisburg berüchtigten AKW Three Mile Island für nur 100 Millionen Dollar verkauft. Ein weiteres Werk im Staat Massachusetts wechselte für 121 Millionen Dollar den Besitzer, obwohl das Vertragspaket ein großes Grundstück, ein Trainingscenter und umfangreiche Stromlieferverträge bis zum Jahr 2004 einschloß. Bernhard Pötter