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Die VorschauVon griffig bis kniffelig

■ !Pukkah!, Meister des Wechselspiels, wirbeln Samstag im Kairo

„Die Band ist für mich einerseits die Extremste, die ich bisher gemacht habe, andererseits aber auch die Zugänglichste und Angenehmste.“ Schlagzeuger Henning Bosse bringt es auf den Punkt: Ambivalenz ist das Programm bei !Puckah!, der Bremer Band, die sich derzeit wohl am vehementesten dem Zeitgeist entgegenwirft.

Dabei ist der Hang zum Einerseits-Andererseits keinesfalls als Indiz für musikalische Unentschlossenheit zu verstehen, sondern als gewollte Vielfalt. „Sind wir nun Singer/Songwriter, die aus dem Takt gekommen sind?“, fragt das Quartett ironisch im Bandinfo. Irgendwie schon. Denn tatsächlich besteht der Reiz des !Pukkah!-Sounds im Spannungsverhältnis aus Griffigem und Kniffeligem. Die abgehackte New Wave-Rhythmik im Geiste der Gang of Four trifft beim Demotape der Band auf schöne, ausufernde Gitarrenteile.

Was in Chicago seit Jahren an krachigen Gitarrenbands erscheint, nimmt das Quartett ebenso genau zur Kenntnis wie Entwicklungen im Dub und im Pop. Man arbeitet mit langen, beinah folkigen Instrumentalpassagen, die sich mit poppigen Vokalteilen abwechseln. Darüber setzen zaghafte Trompeten oder Einspielungen aus französischen Sprachkurs-Cassetten clevere Akzente. Das Ganze ergibt ein permanentes Wechselspiel zwischen schön und schön schräg. Die Gitarrenmusik funktioniert, wenn man einfach nur zuhören will, lädt aber auch zum Reinfuchsen ein.

Bei alledem machen !Pukkah! keine Kompromisse an die Neunziger. Das Quartett arbeitet kurz vor der Jahrtausendwende überwiegend akustisch. Wo andere mit Elektro-Loops und Scratchen den Sound auffrischen wollen, holen !Pukkah! allenfalls als Spezialeffekt altes Kinderspielzeug hervor. Statt auf spielerische Perfektion zu bauen, setzt die Band auf den Instrumententausch – in der Hoffnung, daß jemand, der selten Schlagzeug spielt, es auch anders als ein Profi spielt.

Im Februar will die Band ins Studio und Material für eine CD aufnehmen. Herausbringen wird das Quartett den Tonträger selber – selbstversändlich ohne den Rückhalt einer Plattenfirma. Dank eines CD-Brenners sollen die Rohlinge Stück für Stück von Hand gebrannt werden – Auflage je nach Nachfrage. Was soll man schließlich mit 1.000 Disks, die dann doch nur in irgendeinem Keller vor sich hin schimmeln? Diese aus der Not geborene Cleverness ist noch ein Indiz dafür, daß die Band ihren Namen trefflich gewählt hat: Der Ausdruck „Pukkah“ kommt aus der Zeit, als Indien noch eine englische Kolonie war, und bezeichnet Leute, die durch ein hohes Maß an Geschmack und Wohlverhalten beweisen, daß sie zur Oberklasse, zur Elite gehören. „Das ist natürlich ironisch gemeint, aber es paßt doch irgendwie auch gut zu uns, oder“, grinst Schlagzeuger Henning. Recht hat er.

Lars Reppesgaard

Samstag ab 20.00 im Kairo

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