: Makler sein mal anders
■ In Bremen öffnete jetzt ein Maklerbüro der besonderen Art: „Home sweet home“ setzt auf günstigere Wohnungsvermittlung und achtet gleichzeitig bewußt auf „freundlicher Atmosphäre“
„Home sweet home“ steht auf einem Plastikset, das bei Daniela Ruch auf dem Bürotisch liegt. „Home sweet home“ prangt auf Kugelschreibern, auf Werbeflyern und als blau-orangenes Schild am Eingang. „Wir haben jetzt geöffnet!“, lockt ein Spruch in „das etwas andere Mietbüro“, das seit einigen Monaten in der Humboldtstraße 118 am Start ist. Dort erprobt die 28jährige Daniela Ruch gerade eine neue Geschäftsidee: Sie bietet Maklerdienste mal ganz anders an – in „freundlicher Atmosphäre“ und zu Konditionen, die man auch als „Mensch mit nicht so großem Portemonnaie bezahlen kann“.
„Home sweet home“ hat dabei ebenso wie andere Makler Wohnungssuchende und Vermieter als Kunden im Visier. Vermieter zahlen für die passende Nachmietersuche wie üblich keinen Pfennig. Die Wohnungssuchenden schneiden dafür bei „Home sweet home“ besser ab als beim Makler aus dem Telefonbuch: Sie zahlen bei einer Wohnungsvermittlung nur bis zu 85 Prozent Provision von einer Warmmiete. Herkömmliche Makler dagegen dürfen laut Wohnungsvermittlungsgesetz bis zu zwei Kaltmieten Vermittlungsprovision verlangen.
Das neu durchdachte Lockangebot auf dem Mietermarkt „läuft gut an“, berichtet denn auch Geschäftsführerin Daniela Ruch. Derzeit fänden sich bis zu 30 Wohnungsangebote in der Kartei – und täglich meldeten sich bis zu zehn Neukunden. Daß „Home sweet home“ offenbar ankommt, stößt aber bei anderen Wohnungsvermittlern in Bremen nicht auf allzu große Begeisterung. Sie betrachten das neue bunte Büro in der Humboldtstraße mit argwöhnischen Konkurrentenaugen – und finden so manches Haar in der Suppe.
So würde die neue Geschäftsführerin zwar geschickt mit Slogans eine neue Idee „vermarkten“, heißt es. Ihre Lockangebote seien aber „unseriös und ungesetzlich“, meint Rolf Poppe von der Mitwohnzentrale „home company“, die neben kurzfristigen Mitwohngelegenheiten auch langfristige Wohnungen vermittelt. Denn Daniela Ruch gehe bei der Provision von der Bruttomiete aus. Das Wohnraumvermittlungsgesetz schreibe aber die Nettomiete als Grundlage vor, die Makler dann maximal in zweifacher Höhe verlangen dürften.
Diesen Kritikpunkt entschärft jedoch der Ring Deutscher Makler (RDM), der die neue Makleridee bislang gar nicht als Bedrohung empfindet: In der Tat geht das Gesetz eigentlich von der Nettomiete aus, jedoch schreibe die Regelung keine „Marge nach unten vor“, sagt ein RDM-Mitglied. Die von „Home sweet home“ verlangte 85prozentige Bruttomieten-Provision sei daher kaum regelwidrig – sondern eher eine „ganz geschickte Idee“, um „etwas zu kaschieren“. Denn im Grunde kämen für die Wohnungssuchenden nur „wenige hundert Mark“ weniger Provision hinten heraus. „Wenn man das mal durchrechnet, sind das so um die 200 bis 300 Mark Ersparnis“.
„Immerhin“ sagt dazu die neue „Home sweet home“-Geschäftsführerin – und freut sich, daß sie trotz dieser geringeren Maklerprovision bislang „kostendeckend“ arbeiten kann. Außerdem kennt sie ja die anderen Maklerkollegen „von früher“ – als sie selbst noch in der Maklerbranche tätig war. Schon länger hatte die gelernte Bierbrauerin die Idee, in diesem Bereich mal ein anderes Angebot auszubaldowern (“Makler haben wie bekannt einen schlechten Ruf“). Im Mai war es dann schließlich soweit: Nachdem die 28jährige erfolglos im Bremer Wirtschaftsressort um Existenzgründergeld anfragte (“Frauen haben es da alles andere als leicht“), kramte sie ihr ganzes Hab und Gut zusammen – und eröffnete einfach den neuen Laden.
Dort will sie jetzt für „alle“ passenden Wohnraum schaffen – ob SozialhilfeempfängerInnen, Arbeitslose oder ausländische MitbürgerInnen und, und, und ... Und das eben als neue Maklerin „völlig unvoreingenommen“. Einmal hätte das Sozialamt sogar schon die Provisionkosten übernommen, berichtet Daniela Ruch, die behauptet: Auch für „sogenannte Randgruppen“ („diesen Begriff mag ich nicht, es gibt schon genug Rassismus“) lassen sich passende Wohnungen finden.
Auch der derzeit ziemlich entspannte Wohnungsmarkt macht der Geschäftsführerin keine Angst. Zwar suchen jetzt viele potentielle Mieter ganz ohne Makler nach Wohnungen, weil es so viele Angebote gibt. Dennoch meint Ruch: „Makler wird es immer geben, weil viele Vermieter doch immer wieder darauf zurückgreifen, anstatt selber Nachmieter zu suchen.“ Wohnungsangebote „von bis“ hat „Home sweet home“ deshalb im Angebot – von Gröpelingen bis zum Peterswerder.
Anschauen tut sie die Wohnungen allerdings nicht: „Ich habe nur eine Hilfskraft, da kann ich mich nicht auch noch auf soviele Abendtermine einlassen.“ Das sei aber kein Nachteil: Wer länger als Makler gearbeitet hat, „weiß genau, wonach er am Telefon fragt“. Mit dieser Art von Wohnungsvermittlung will Ruch irgendwann auch noch in Hamburg und Berlin in den Markt einsteigen: „Mal abwarten“, sagt die mittlerweile überzeugte Existenzgründerin, die allerdings derzeit noch ganz andere Sorgen hat: Die schlechte Zahlungsmoral ihrer Kunden: „Viele zahlen derzeit alles andere als pünktlich. Aber gerade darauf bin ich im Moment noch total angewiesen.“ Katja Ubben
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