Der Staat als Dealer

■ Runde: Ende 1999 startet Modellversuch mit kontrollierter Heroinabgabe

Hamburgs Junkies können aufatmen – zumindest einige von ihnen. Noch vor der Jahrtausendwende sollen sie die Möglichkeit bekommen, unter ärztlicher Aufsicht Heroin zu spritzen. Dann nämlich, so erklärte gestern Hamburgs Bürgermeister Ortwin Runde (SPD), soll die kontrollierte Abgabe von Heroin an Schwerstabhängige erlaubt werden.

Ein entsprechendes „wissenschaftliches Erprobungsverfahren“, das im Dezember in Hamburg, Berlin, Frankfurt, Köln, Dortmund und Hannover starten soll, „könnte ohne Änderung des Betäubungsmittelgesetzes auskommen“, sagte Runde. Der Antrag für diesen Modellversuch werde im August vom Bonner Gesundheitsministerium an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte gestellt. „Die Chance, daß dieser Antrag genehmigt wird, ist sehr hoch“, meinte Runde und prognostizierte: „Das wird im Gesundheitsministerium genauso gesehen.“

Das Ministerium, so erläuterte Senatssprecher Ludwig Rademacher, habe unlängst ein entsprechendes Arbeitsprogramm des Ausschusses für Suchthilfe genehmigt. Bayern und Baden-Württemberg hätten daraufhin ihre Mitwirkung an der kontrollierten Heroinabgabe zwar wieder zurückgezogen. Die anderen beteiligten Länder wollen jedoch noch im Laufe dieses Jahres die Details festklopfen.

Denn offen ist noch, wie der Modellversuch überwacht werden und welche Institution das Heroin abgegeben soll. Noch im Februar, so Rademacher, werde daher Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer (Bündnisgrüne) der Hamburger Gesundheitssenatorin Karin Roth (SPD) einen Besuch abstatten, um das weitere Vorgehen zu beraten.

In Hamburg sollen 200 bis 300 der rund 8000 Heroinabhängigen an dem Modellversuch teilnehmen können. Ziel ist es, jene Süchtige mit dem Angebot zu unterstützen, die sonst vom Staat nicht mehr erreicht werden. Erfahrungen aus der Schweiz belegen, daß die kontrollierte Abgabe von Heroin ein Weg sein kann, Drogenkriminalität einzuschränken. flo