"Wo sind die Gastgeschenke?"

■ Deutschland und der ganz alltägliche Kulturrassismus: Aus zahllosen Filmschnipseln bastelt der Dokumentarist Martin Baer seine beredte Collage "Befreien Sie Afrika!" (23.55 Uhr, ZDF)

„Stellt euch vor“, sagt der deutsche Soldat in dem alten Spielfilm zu seinen Kameraden, „Afrika. Palmen, Wüste, Araber. Bauchtänzerinnen.“ Und „Negerkinder. Für die wurde in der Kirche gesammelt“, erzählt Heinz Kreft, 1941 und 1942 in Nordafrika stationierter Soldat. „Man konnte sich eins kaufen, bzw. wir hatten eins, also nicht gekauft, sondern die Verpflichtung übernommen, mit 10 Mark im Jahr ...“

Warum Filmemacher Martin Baer sich entschlossen hat, 500 Ausschnitte aus Spielfilmen, Interviews, Reportagen, Dokumentationen, Werbespots, Musikvideos und Computerspielen für seine eigene Doku „Befreien Sie Afrika!“ zusammenzutragen und aneinanderzustückeln (und sich mit den diversen Filmrechten herumzuschlagen), wird spätestens dann klar, wenn Heinz „Quax“ Rühmann als deutscher Soldat „Die hab' ich mal im Berliner Zoo gesehen“ grinst, als er nach einer Bruchlandung Besuch von den „Eingeborenen“ bekommt. „Willkommen, ihr Trottel. Wo sind die Gastgeschenke?“ Unrühmlich ist eine zu sanfte Beschreibung des Eindrucks, den die Deutschen in dieser grandiosen filmischen Collage machen: Als Besatzungshelfer der italienischen Kolonialherren in den 40ern, als brutale Fremdenlegionäre, die das Abenteuer suchen, in den 50ern, als arrogante und penetrant-naive Touristen, Aufklärer und Mitleider „der armen Negerlein“ in den 60ern, und schließlich als Waffenlieferanten an die Herrscher diktatorisch regierter, afrikanischer Staaten bis heute. Jahrelang hat Baer Archive geplündert und die politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Populärmythen, die in Deutschland über den „schwarzen Kontinent“ über die Jahre hinweg vermittelt wurden (und werden), gesucht – und gefunden.

Groteske Dokumente eines tief verwurzelten Kulturrassismus sind da nicht nur Roberto Blanco als grinsender, tanzender „Eingeborener“ (O-Töne: „Tanz, Matthias!“ „Was der wohl kostet? Den nehm' ich sofort!“), sondern auch Peter Scholl-Latour, der 1964 im „Weltspiegel“ mit betretener Mine von den „primitiven Gestalten“, die „unberechenbar wie wilde Tiere sind“ spricht. Fassungslos sitzt man vor den Ausschnitten aus dem Defa-Dokumentarfilm „Der lachende Mann“, in dem der deutschstämmige Siegfried Müller, genannt „Kongo-Müller“, der 1964 als Major der kongolesischen Armee die abtrünnige Äquatorial- Provinz „erledigte“, verrückt lächelnd und bierselig vom „Vertreten der westlichen Freiheit im Kongo“ und einer „Jagd auf Neger“ erzählt. Und immer wieder, vor allem in den unsäglichen deutschen Abenteuerfilmen der 50er und 60er, findet sich die Mär vom menschenfressenden, frauenraubenden, aber so musikalischen Wilden.

Zusammengehalten werden die beschämenden und komischen Filmausschnitte von einem ebenso liebevollen wie detailfreudigen „Afrika-Setting“ in Modellbaugröße: Die Kamera schwenkt langsam über Sand, Palmen, Kriegsflugzeugmodelle und Spielzeugsoldaten und illustriert die Originaldokumente. Ob Robert Hahn, ehemaliger Referatsleiter im Bundesverteidigungsministerium, von „Sarotti-Negern“ und der „gut entwickelten“ Frau eines Offiziers spricht, ob in den 80ern joviale „Nackt im Wind“-Afrika-Hilfeprojekte von der schlimmsten deutschen SängerInnenelite ins Leben gerufen wurde, oder die DDR ihre somalischen Verbündeten zu instrumentalisieren versucht – zurück bleibt die Frage, wie tief jener wahnwitzige und grundrassistische Glaube eigentlich noch sitzt, nach dem wir Deutsche allen Afrikanern 1. sowieso überlegen sind und 2. erst mal zeigen müssen, wie man's richtig macht.

Autor Baer verzichtet zugunsten eines eindrucksvolleren, fließenderen Gesamtbildes während seines fast anderthalbstündigen Films sogar auf die namentliche Kennzeichnung der Interview- und Filmausschnitte – die Auswahl und das kongeniale Arrangement sind traurige Aussage genug. Jenni Zylka

„Ziel des Spiels ist es, Länder zu überfallen, Kontinente und die Welt zu erobern sowie Gegner zu schlagen.“

(Aus der Spielanleitung zu „Risiko“, 1976)

„Ziel des Spiels ist es, Länder und Kontinente von Besatzungsarmeen zu befreien und in die Unabhängigkeit zu führen.“

(Aus der Spielanleitung zu „Risiko“, 1990)