Wachsende Kinder hinter Lärmschutzwand

■ Die taz-Serie „Bürgerinitiativen gegen Flächenfraß“, Teil 8 / Heute: Der Verein „Hastedt und umzu“ steht in sein em zehnjährigen Kampf gegen die Georg-Bitter-Trasse vor einem Wendepunkt

„Wir hatten jahrelang ein Kinderfest auf der Bunkerwiese. Jetzt sind sie groß ...“, Hiltrud Lübben-Hollmanns Stimme quält sich durch den vergrippten Hals, „... und im Moment sind wir einfach wieder voll an der Georg-Bitter-Trasse.“

Süße Kindergeschichten, bittere Welt. Zehn Jahre Bürgerinitiative sind verhuscht und endlos ist die Beharrlichkeit. „Daß es solange gehalten hat, hängt mit Frauen zusammen.“

Fünf Nachbarinnen aus der Suhrfeldstraße sind der härteste Kern der Bürgerinitiative „Hastedt und umzu“, und Hiltrud Lübben-Hollmann erklärt, was das bedeutet: Offen sein, kleine Aufgaben verteilen, „wir fünf verstehen uns inzwischen ohne Worte – da ist es meine Aufgabe, mich darum zu kümmern, daß auch die anderen zehn nicht unversorgt bleiben.“

Jetzt werden sie wieder auf die Straße gehen und Flugblätter in Briefkästen werfen, wo „keine Werbung!“ drauf steht. Damit keiner unversorgt bleibt. In Bremen werden die Leute noch wissen, warum man im Sommer zur Wahl geht. Man muß da nicht nur den Janssen vom Hollerland anpieken oder die Lübben-Hollmann aus Hastedt, um zu erfahren: Bitter sind großkoalitionäre Umarmungen. Vor ein paar Jahren war das noch anders: „Selbst unter der Ampel-Regierung kriegten wir Gesprächstermine.“ Und heute: „Kürzlich wollten wir einen Termin bei Gerd-Axel Ahrens, dem Leiter der Verkehrsbehörde.“ Cool seien sie einfach abgeblitzt: „Für unser Anliegen sei der Beirat zuständig.“

Und trotzdem: Daß die Georg-Bitter-Trasse quer durch Hastedt nur noch durch bremisches Rotgrün zu verhindern ist, will man in „Hastedt und umzu“ nicht glauben. Zwar ist die seit Mitte Januar baudeputativ beschlossene Sache, aber das wär doch gelacht, wenn jetzt im Vorwahlmai wirklich die Bagger rollen. Zeit war immer schon das Kapital der Bürgerinitiativbewegung. Das akkumuliert in einer allmählichen Erziehung des Menschengeschlechts: „Wär doch gelacht, wenn man in den 90er Jahren noch wie in den 70ern vorgeht: 860 Menschen, die täglich 20.000 Autos an sich vorbeirauschen lassen müssen“ – absurd.

Und weil die Behörde statt der 860 nur 160 belästigte Menschen zählte, wird „Hastedt und umzu“ jetzt per Normenkontrollklage dagegen vorgehen (vgl. taz vom 29.1.).

106 schriftliche Einwände gegen das verdorrende Leben vor der eigenen Tür gibt es aus dem kleinen Hastedt. Damit sich diese mit der großen (Wahl-)Politik vermitteln, macht „Hastedt und umzu“ auch im bremenweiten BI-Bündnis mit. „Nicht um stundenlang über Arbeitsplätze und Baupolitik zu sabbeln“, sagt Hiltrud Lübben: „Sondern um im richtigen Moment gemeinsam auf dem Marktplatz zu stehen und Buh zu rufen.“ ritz

Acht Bürgerinitiativen im Porträt: Die Serie endet hiermit. Es sei denn das „Bündnis gegen Flächenfraß“ ist inzwischen heimlich gewachsen: In diesem Fall rufe, wer vergessen wurde, vernehmlich unter % 320 320 „Buh!“ Gern setzen wir dann die Serie fort.