Heroinabgabe geplant

■ Stahmer: Berlin soll sich an bundesweitem Modellprojekt beteiligen. CDU protestiert

Das Land Berlin wird sich vermutlich an dem vom Bundsgesundheitsministerium angekündigten Modellprojekt zur ärztlich kontrollierten Heroinabgabe beteiligen. Das kündigte gestern Jugendsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) an: „Ich denke, wir sollten von dieser Möglichkeit Gebrauch machen“, so Stahmer. Bedingung sei allerdings, daß mit dem Modellvorhaben erforscht werde, ob und für welche Gruppe von Abhängigen Heroin auf Rezept einen therapeutischen Nutzen habe, erklärte die Senatorin.

Ziel der Abgabe von Heroin sei, eine weitere Gruppe von Abhängigen in das Drogenhilfesystem zu integrieren – nämlich all die, die weder für therapeutische Angebote noch für die Methadonvergabe zugänglich sind, erklärte die Landesdrogenbeauftragte Elfriede Koller. „Als letzten Schritt in der Behandlungskette sollten wir sehen, ob wir damit Leuten helfen können“, so Koller. Beteiligen könnten sich an der Abgabe vermutlich etwa zwei- bis dreihundert von geschätzten 8.000 Berliner Junkies. Die Modalitäten des Modellversuchs sollen Anfang März in Gesprächen zwischen verschiedenen Städten und der Bundesregierung geklärt werden.

Auf heftige Kritik stößt die Heroinabgabe – an der sich voraussichtlich auch die CDU-regierte Stadt Frankfurt am Main beteiligen wird – erwartungsgemäß in der Berliner CDU. „Die Union steht für Null Toleranz gegenüber Drogen“, so der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Volker Liepelt, der hinter dem Modellversuch ideologische Argumente wittert: Die kontrollierte Abgabe von Heroin sei der „rot- grüne Einstieg in die gänzliche Drogenfreigabe“. CDU-Innensenator Eckart Werthebach hatte bereits im Dezember erklärt, die Verschreibung von Heroin sei nichts anderes als eine „resignative Scheintherapie“ und ein falsches Signal für die Gesellschaft.

Begrüßt wurde der Sinneswandel der Jugendsenatorin von Bündnisgrünen und PDS. Michael Haberkorn, sozialpolitischer Sprecher der Grünen, warnt allerdings davor, das Modellprojekt an der Finanzierung scheitern zu lassen. „Zumindest die Begleitforschung wird aus Bonn finanziert“, so Haberkorn. „Der Senat darf diese Gelegenheit nicht ungenutzt lassen.“ Marion Seelig, innenpolitische Sprecherin der PDS, forderte, nun auch „Fixerräume in ausreichender Zahl“ zu schaffen. Die Einrichtung derartiger Räume schließt Koller allerdings nach wie vor aus.

Der Beginn des Modellprojekts wird sich wahrscheinlich bis nach den Abgeordnetenhauswahlen im Oktober hinziehen. Jeannette Goddar

Bericht und Interview Seite 21