„Für uns ist die UCK eine heilige Armee“

■ Fadil Sulejmani, Leiter der Universität Tetovo, über den Kosovo-Konflikt und die Lage in Makedonien

taz: Im Kosovo wird gekämpft, in den albanischen Siedlungsgebieten Makedoniens ist es ruhig – wie lange noch?

Fadil Sulejmani: Unser Volk hat es schwer unter makedonischer Herrschaft, unsere Rechte werden mit Füßen getreten. Da ist es verständlich, wenn viele Albaner in Makedonien offen sagen: Für uns ist die UCK eine heilige Armee.

Ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich die Albaner hinter der Fahne der UCK vereinen werden?

Ich kämpfe als Direktor einer albanisch-makedonischen Universität für kulturelle Belange. Eins weiß ich: Die albanische Frage auf dem Balkan läßt sich nur lösen, wenn sich das albanische Volk in seiner Existenz nicht länger bedroht fühlt und ihm die gleichen Rechte zugestanden werden wie anderen Balkanvölkern.

Was fordern Sie?

Makedonien wird nur dann kein Pulverfaß, wenn die Politiker aus dem blutigen Kosovo-Konflikt ihre Lehren ziehen. Es wäre dort nie zur bewaffneten Selbstverteidigung gekommen, wenn das serbische Regime die Albaner nicht so brutal unterdrückt hätte. Das muß auch die makedonische Regierung erkennen: Obwohl wir real fast 40 Prozent der zwei Millionen Einwohner des Landes ausmachen, haben wir keine Rechte als Volk. Man behandelt die Albaner wie Türken, Roma oder Rumänen. Wie diese Ethnien nach einer Zwei-Prozent-Klausel öffentliche Ämter im Staatsdienst besetzen dürfen, so auch wir Albaner.

Unter Tito waren die Albaner in den staatlichen Institutionen proportional stärker vertreten.

Damals waren 30 Gemeinden zweisprachig, dort wurde auf den Ämtern albanisch gesprochen, es gab albanische Gymnasien und Kultureinrichtungen. Seit der Unabhängigkeit von 1991 heißt die Parole der Regierung: Makedonien ist das Land eines Volkes, mit einer Sprache, einer Kultur und ein paar Minderheiten. Das führt zu einer Explosion.

Würden Sie auch gern an der Kosovo-Konferenz teilnehmen?

Vorrangig ist die Lösung der Kosovo-Frage. Wenn das geklappt hat, ist auch die albanische Frage in Makedonien schon fast gelöst.

Wenn es ein Friedensschluß ausbleibt?

Dann wird es finster auf dem Balkan. Interview: Karl Gersuny