Sechs Jahre Grundschule erst ab 2000

■ Schulbehörde verschiebt Start des Modellversuchs um ein Jahr. Interessierte Grundschulen brauchen mehr Zeit zur Vorbereitung

Manchmal sind PolitikerInnen ihrer Zeit voraus. Im Hamburger Koalitionsvertrag zwischen SPD und GAL etwa heißt es, „möglichst zum Schuljahr 1998/99“ solle an drei Schulen der Stadt die sechsjährige Grundschule als Modellversuch starten. Doch Papier ist geduldig. Im vergangenen Herbst wurde keine einzige Schule zur sechsjährigen umgewandelt. Und auch im August 1999 wird der geplante Schulversuch nicht beginnen. Die Schulbehörde hat den Start des Projekts nun auf den August 2000 verschoben. „Wir brauchen den Rückenwind von mindestens drei Schulen, die mitmachen wollen. Und die drei haben wir jetzt noch nicht “, begründete Landesschulrat Peter Daschner die Entscheidung.

Ursprünglich, so erläutert Ulrich Vieluf, Leiter des Senatorenbüros in der Schulbehörde, hätten sich rund 15 Grundschulen für den sechsjährigen Modellversuch interessiert. Drei davon hätten einen Antrag gestellt, um daran teilnehmen zu können. Doch nur eine Schule, die Grundschule bei der Katharinenkirche in der Hamburger Altstadt, hätte sich in der Lage gesehen, schon in diesem Jahr das sechsjährige Modell zu starten. Alle anderen Schulen bräuchten mehr Zeit für Planung und Konzeption.

„Immerhin geht es ja nicht darum, an die bisherigen vier Grundschuljahre einfach zwei Jahre dranzuhängen“, sagt Vieluf. Nein, geht es nach dem Willen der Schulbehörde, so soll die sechsjährige Grundschule „neue pädagogische Möglichkeiten eröffnen“. Dieser Meinung ist auch die Hamburger GAL, die den Schulversuch in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt hatte. Die sechs Jahre sollen etwa dafür sorgen, daß Kindern der Übergang in die folgende Schulform leichter fällt. Darüberhinaus könnten Klassen in dieser Zeit besser ausdifferenziert werden, je nach individueller Leistung der SchülerInnen.

Unter WissenschaftlerInnen ist die sechsjährige Grundschule dennoch umstritten. Bei einer öffentlichen Anhörung des Schulausschusses am Dienstag abend gingen einige Experten davon aus, daß das Ende der Grundschule nach sechs Jahren die Gefahr eines „Wechsel-Schocks“ für die Kinder nur erhöhe. Andere sind vom Gegenteil überzeugt. Und ein Gesamtschulleiter aus Osnabrück plädierte sogar dafür, die Grundschule auf acht Jahre auszuweiten.

Das einzige Bundesland, das seit 1950 Erfahrungen mit der sechsjährigen Grundschule gesammelt hat, ist Berlin. Seit zwölf Jahren wird außerdem in Marburg sechsjährig unterrichtet. Das Land Hessen strebt langfristig einen Wechsel zu dieser Grundschulform an: Hier sind die sechs Jahre unlängst im Schulgesetz festgeschrieben worden. flo