Geld vorhanden, Azubis noch gesucht

■ Das mit viel Getöse angekündigte EWA-Programm des Senats für arbeitslose Jugendliche krankt an Fehlplanung und mangelnder Akzeptanz in den Berufsschulen. Statt 3.000 Jobsuchern haben sich erst gut 1.000

Viel Geld und guter Wille reichen nicht aus, um arbeitslosen Jugendlichen eine Ausbildungsstelle zu verschaffen. Diese Erfahrung macht gerade SPD-Arbeitssenatorin Gabriele Schöttler, deren Vorgängerin Christine Bergmann noch kurz vor ihrer Berufung in die Bundesregierung ein riesiges Programm für 3.000 Jugendliche aufgelegt hatte. Unter anderem wegen mangelnder Abstimmung mit den berufsbildenden Schulen ist bislang höchstens die Hälfte der Plätze belegt. „Die Kooperation von Arbeits- und Schulverwaltung läßt sehr zu wünschen übrig“, sagt die bündnisgrüne Bildungsexpertin Sybille Volkholz.

Kurz vor der Bundestagswahl hatte Bergmann rund 28 Millionen Mark lockergemacht – einen guten Teil davon aus Töpfen der Europäischen Union. Flugs wurde das Bildungswerk der Wirtschaft, ein Ableger der Berlin-Brandenburgischen Unternehmensverbände (VUB), als Träger des Projekts gewonnen, das man „Erfolgreiche Wege zur Ausbildung“ (EWA) nannte. Zum 1. Oktober 1998 wollte man 3.000 Jugendlichen, die nach der zehnten Klasse weder einen Ausbildungsplatz noch eine Arbeitsstelle bekommen hatten, einjährige Qualifikationskurse anbieten. Bis zum Januar freilich hatten sich erst 1.050 Jugendliche angemeldet, sagt VUB-Mitarbeiter Christian Rath. Seitdem sind es nicht wesentlich mehr geworden.

Während Klaus-Peter Florian, der Sprecher von Arbeitssenatorin Schöttler, keine Gründe für die mangelnde Akzeptanz nennen kann, erklärt VUB-Mitarbeiter Rath: „Einige berufsbildende Schulen wollten ihre Schüler nicht bei EWA anmelden.“ Kein Wunder – viele BerufschullehrerInnen sind gar nicht glücklich mit dem neuen Programm. Sie erblicken darin im wesentlichen eine unliebsame Konkurrenz, denn die Werkstätten des Bildungswerkes bieten dieselbe Praxisausbildung wie die Schulen in ihren „Vollzeitlehrgängen“ der elften Klasse (VZ11). „Wenn wir den Unterricht auslagern, ist die Schule leer gefegt“, sagt der Direktor einer Berufsschule in Charlottenburg. Genau darauf spekulierte der Senat. In Schulen ohne Schüler kann man Lehrer und Sachmittel einsparen – die Ausbildung in den EWA- Werkstätten bezahlt dagegen die Europäische Union.

Nach Ansicht von Peter Kirchhoff, Direktor einer Maschinentechnikschule in Reinickendorf, hatte das Bildungswerk außerdem Organisationsprobleme. „Die Anlaufphase dauerte zu lange.“ Statt wie angekündigt Anfang Oktober begannen die Kurse mitunter erst Ende November 1998, heißt es auch in der Gottlieb-Münsinger- Oberschule in Spandau. Jugendliche und LehrerInnen hätten EWA nach mehrmaliger Verschiebung nicht mehr ernst genommen.

Wenig Verständnis bringen viele LehrerInnen dafür auf, daß im Rahmen von EWA der theoretische Untericht weiterhin an ihrer Schule, der praktische Teil der Ausbildung hingegen woanders stattfinden sollte. Die „problematischen Jugendlichen“ würden die langen Fahrten ohne Aufsicht durch die Stadt dafür nutzen, ihre Kurse zu schwänzen.

Die Mißstände beim EWA-Programm verweisen nach Meinung der grünen Politikerin Volkholz darauf, daß der Senat bei der Ausbildungsförderung „nicht mehr durchblickt“. Dutzende von Programmen mit ähnlichen Zielgruppen würden sich gegenseitig überschneiden. Hinzu kommt seit Anfang Januar noch das Programm der rot-grünen Bundesregierung „100.000 Jobs für Junge“. Dieses dürfte EWA ebenfalls nicht befördern. Hannes Koch