Naumanns Plan verwirrt und verärgert

■ Der Vorstoß des Kulturstaatsministers Michael Naumann für einen neuen Mahnmalswettbewerb wird von Lea Rosh abgelehnt. Land Berlin hält sich mit Beurteilung zurück. Architektin Weinmiller hofft auf ein

Berlin (taz) – Der Vorschlag von Michael Naumann, einen neuen Wettbewerb zum Holocaust-Mahnmal zu veranstalten, hat Lea Rosh vom „Förderverein zur Errichtung eines Mahnmals für die ermordeten Juden Europas“ verärgert. „Was Herr Naumann da will, ist nicht nötig“, sagte die Publizistin gestern zur taz. Auch das Land Berlin will laut Axel Wallrabenstein, dem Sprecher des Berliner Kultursenators Peter Radunski, den alten Wettbewerb wie geplant beenden.

Förderverein und Land Berlin gehören zusammen mit dem Bund zu den Auslobern des Wettbewerbs um das Denkmal in der Nähe des Brandenburger Tores. Bei diesem Wettbewerb waren vier Entwürfe in die Endauswahl gekommen. Favorisiert wurde der Vorschlag des Amerikaners Peter Eisenman, ein Feld aus Betonstelen zu errichten. Diesen Entwurf überarbeitete Eisenman zweimal. In der jüngst vorgestellten dritten Fassung plante er schließlich, in das Mahnmal ein „Haus des Erinnerns“ zu integrieren. Eine Wand mit einer Million Bücher zum Holocaust, ein Informationszentrum und ein Vortragsaal soll das Gebäude beherbergen. Durch unterirdische Gänge könnten die Besucher unter das Stelenfeld gelangen.

Der so überarbeitete Entwurf hätte aber den alten Wettbewerb nicht gewinnen können. Dagegen sprachen rechtliche Bedenken. Die Berliner Architektin Gesine Weinmiller, die mit ihrem davidsternförmigen Mahnmal in die Entausscheidung gekommen war, hatte deshalb gefordert, daß auch die anderen Finalisten ihre Entwürfe überarbeiten dürften.

Sie begrüße deshalb einen neuen Wettbewerb, sagte die Architektin. Sie hoffe, daß dieser Wettbewerb offen gestaltet werde und nicht allein dazu diene, den dritten Entwurf von Eisenman zu verwirklichen. „Ich glaube an das Gute im Menschen“, sagte die Architektin, obwohl sie annehme, daß Naumann „nicht freiwillig auf die Idee zu dem neuen Wettbewerb gekommen ist“. Dies sei die einzige Chance, den dritten Entwurf von Eisenman doch noch in einen regulären Wettbewerb zu schicken. Sie selbst habe schon eine neue Idee für ein Mahnmal mit einem Informationszentrum, das sie bei diesem Wettbewerb präsentieren wolle.

Wie genau dieser Wettbewerb aussehen soll, bleibt aber unklar. Gestern zeigten sich selbst die Mitarbeiter Naumanns beim Bundespresseamt überrascht über den Vorstoß. Über seine Idee, die er am Dienstag am Rande einer Podiumsdiskussion in Berlin gegenüber der Nachrichtenagentur dpa geäußert hatte, waren sie nicht vorab informiert worden. Naumann wurde gestern vor der Kabinettssitzung von Kanzler Gerhard Schröder zum „Staatsminister für Kultur im Bundekanzleramt“ ernannt. Sein Sprecher machte anschließend deutlich, mit seinem Vorschlag habe Naumann den Wettbewerb nie beenden wollen. Die Entscheidung über das Mahnmal liege allein beim Bundestag.

Lea Rosh stellte aber für den Förderverein klar, daß sie zuerst ein Treffen der Auslober erwarte, bevor das Parlament über den Wettbewerbssieger entscheiden könne. Für denkbar hält Rosh, daß man die drei Architekten einlädt, die bislang nicht Chance gehabt hätten, ihre Entwürfe zu überarbeiten. Sie könnten diese „um ein kleines Informationszentrum erweitern“. Das sei der „äußerste Kompromiß", den sie, Rosh, eingehen könne. Im Mittelpunkt aller Entwürfe müsse weiter das Mahnmal für die ermordeten Juden stehen. Ansonsten empfahl sie Naumann, sich nicht weiter in den laufenden Wettbewerb einzumischen. „Er ist doch nicht der König von Preußen.“ Till Ottlitz

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