Frühling in Paris und Teheran

Irans Außenminister Charasi bereitet in Frankreich einen Besuch von Präsident Chatami vor. Den möchten auch andere EU-Staaten gerne bald empfangen  ■ Aus Paris Dorothea Hahn

Zwischen Paris und Teheran steht offiziell alles zum besten. Am Ende eines zweitägigen Besuches des iranischen Außenministers Kamal Charasi in der französischen Hauptstadt zeigten sich Gastgeber und Besucher gestern unisono begeistert. Sie feierten den Abschluß eines bilateralen Kulturabkommens, kündigten bevorstehende neue Geschäfte an und äußerten hohe Erwartungen an die in diesem Frühjahr erwartete Europareise des iranischen Staatspräsidenten Mohammad Chatami.

Über 20 Jahre nach dem letzten Staatsbesuch des Schah käme mit dem bereits mehrfach verschobenen Besuch von Chatami erstmals wieder ein oberster Repräsentant Irans nach Europa. Mehrere europäische Hauptstädte reißen sich heute um den Besuch, aus dem bis vor kurzem noch geschnittenen Land. Anvisierte Stationen sind unter anderem Deutschland (Irans erster Handelspartner in Europa), Italien und Frankreich.

Frankreich, wo der Ölkonzern Total im vergangenen Jahr einen großen Abschluß über Neuerschließungen mit dem Iran melden konnte, versteht sich als Wegweiser zu einer „Normalisierung“ mit Iran. Am Ende einer einstündigen Audienz mit Charasi lobte Staatspräsident Jacques Chirac am Mittwoch die Öffnungsbemühungen der Teheraner Staatsführung. Frankreichs Außenminister Hubert Védrine, der seinerseits bereits im vergangenen August in Teheran war und in Paris seinen iranischen Amtskollegen fast ununterbrochen begleitete, stellte sogar „überrascht“ fest, daß „die iranischen Positionen weniger weit von den unseren entfernt sind, als man glaubt“. „Stellenweise“, so Védrine, stimmten die beiden Positionen sogar überein.

Ein wichtiges Gesprächsthema bei dem Besuch war der Irak. Aber auch der Kosovo, Afghanistan und der Kaukasus kamen zur Sprache. Der Iraner erklärte, daß seine Regierung eine Dreieckszusammenarbeit mit Frankreich und Rußland anstrebe, um „eine unnötige Verlängerung der Krise am Golf und die Zunahme der Spannungen in der Region zu vermeiden“.

Heftige Kritik an dem Tauwetter zwischen Paris und Teheran äußerte gegenüber der taz der ehemalige iranische Premierminister Abolhassan Banisadr, der heute im französischen Exil lebt. Er verwies auf die völlig ungeklärte Mordserie der vergangenen Monate an iranischen Intellektuellen und auf eine neue Mordliste mit 182 Namen, die angeblich in Teheran zirkuliert. „Das ist ein Mordprogramm an der iranischen Kultur“, sagte Banisadr, „und der Westen tut so, als habe er es mit einem Rechtsstaat zu tun.“ Der Exilpolitiker verlangt, daß der Westen, der „wegen Salman Rushdie jahrelang Demonstrationen und Aktionen gemacht hat“, auch jetzt Aufklärung verlangt und eine internationale Untersuchungskommission nach Teheran schickt.

In Teheran forderte gestern Charrasis Stellvertreter Mahmud Waesi die deutsche Regierung auf, ihre Iranpolitik grundlegend zu verändern. Nur so könnten sich die gespannten Beziehungen zwischen beiden Ländern verbessern. Laut Bundespresseamt soll Kanzleramtsminister Bodo Hombach noch diese Woche nach Teheran reisen. Dort soll er unter anderem eine Einladung nach Bonn für Präsident Mohammad Chatami übergeben.