Sisyphusarbeit für den Job

Karriereberater machen aus BewerberInnen kühl kalkulierende Strategen und mit etwas Glück sogar ArbeitnehmerInnen  ■ Von Oliver Steinebach

Ein schlechtgelauntes Gesicht auf einem Bewerbungsfoto – das kommt nicht gut. So beeindruckend der weitere Inhalt der Bewerbungsmappe auch sein mag, oft landet sie nicht einmal auf dem Tisch des Personalchefs, sondern wird von vornherein aussortiert. Sich richtig bewerben ist eine Kunst, über deren vollendete Form auch unter ExpertInnen keine Einigkeit besteht. Außer in einem Punkt: Unter gar keinen Umständen sollte eine Bewerbung am Foto, am unsauberen Schriftbild oder gar an Rechtschreibfehlern scheitern.

In Hamburg hat sich eine ganze Reihe von Organisationen der Kunst verschrieben, BewerberInnen den richtigen Kniff beizubringen. Die Palette reicht vom gemeinnützigen Verein bis hin zu selbständigen KarriereberaterInnen, die für 100 bis 200 Mark pro Stunde individuelle Bewerbungskonzepte versprechen. Das fehlerfreie Bewerbungsschreiben ist dabei noch die leichteste Übung. „Eine Bewerbung muß eine eigene kleine Marketingstrategie sein“, weiß Karriereberaterin Ilonka Winkler. „Und das ist eine Sisyphusarbeit, denn sie muß für jede Stelle überarbeitet werden.“

Doch nicht jeder kann sich sofort in diese Arbeit stürzen. „Besonders Langzeitarbeitslose müssen wir ersteinmal stabilisieren und motivieren“, weiß Rolf Döring, Geschäftsführer der Arbeitslosen-Telefonhilfe. Seine Kollegin Petra Beyer vom Verein Frau und Arbeit bestätigt das: „Menschen, die jahrelang auf Ablehnung gestoßen sind, brauchen zunächst wieder Selbstwertgefühl.“ Außerdem müßten sie sich die eigenen Stärken und Schwächen wieder klar machen. Denn nur wer die kennt, könne sich „eine echte Bewerbungsstrategie“basteln.

Deren erster Schritt besteht darin, Zeitung zu lesen. Beim Studium der Stellenanzeigen kommt es vor allem darauf an, die eigenen Fähigkeiten mit dem Anforderungsprofil der Ausschreibung zu vergleichen. „Sind mehr als drei Punkte nicht erfüllt, lohnt sich eine Bewerbung kaum noch“, ist die Erfahrung von Ilona Wilhelms von der Berufsberatung für Frauen Efa.

Erst nach der Anzeigenanalyse kommen Anschreiben und Lebenslauf zum Zuge. Karl-Heinz List von der Firma prodomo-Jobberatung hat als Personalchef die Erfahrung gemacht, daß 80 Prozent der Briefe unbrauchbar sind. Informationen in Anschreiben und im Lebenslauf gelte es zu verdichten. „Dabei muß deutlich werden, welchen Nutzen ich der Firma bringe, die mich einstellen soll.“ Im Lebenslauf müsse zudem nicht jede Kleinigkeit erwähnt werden – da heiße es „Mut zur Lücke“ zeigen.

Ob und welche Arbeitszeugnisse anschließend dem Schreiben hinzugefügt werden, hängt unter anderem von der Art der Bewerbung ab. Initiativbewerbungen kommen in der Regel ohne sie aus. Im übrigen, so meint List, seien Zeugnisse erst dann wirklich aussagekräftig, wenn sie konkrete Verdienste benennen würden, beispielsweise eine Umsatzsteigerung.

Wer schließlich zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird und sich allein auf bisherige Qualifikationen oder die eigene Ausstrahlung verläßt, scheitert nicht selten an der letzten Hürde. Karriereberater List empfiehlt daher sein Impression-Management, ein zuvor angelegtes Gesprächskonzept. Dabei gehe es „nicht darum, dem Gesprächspartner etwas vorzumachen, sondern ihm ein positives Gefühl zu vermitteln.“

Beratungen und Seminare bieten unter anderem folgende Vereine an: Arbeitslosen-Telefonhilfe (ATH), Tel.: 0800 111 0 444 (kostenlos für Hamburg), alle zwei Monate Wochenend-Bewerbungstrainings (20 Mark Materialkosten);

Efa, telefonische Sprechstunde dienstags von 9 bis 11 Uhr, Tel.: 390 29 24, Seminare zu den Themen Bewerbungsmappe, Vorstellungsgespräch und Initiativbewerbung, Kostenpunkt: 60 bis 120 Mark (nach Einkommen gestaffelt);

Frau und Arbeit, Tel.: 450 20 90, dreitägige Bewerbungsseminare für 230 bis 370 Mark (nach Einkommen gestaffelt).