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Kußmund? Schmollmund?

■ Rainer Fetting zeigt vegetarische Bilder und nur ein bißchen Fleisch in der Galerie Mönch

Die Jungen Wilden sind alt geworden: Dieser läppische Satz leitet vermutlich 80 Prozent aller Texte über Helmut Mittendorfer, Salome, Bernd Zimmer und Rainer Fetting, jene Helden der 1977 in Berlin gegründeten „Galerie am Moritzplatz“, ein. Gemeint ist damit Folgendes: Die Jungen Wilden haben kaum Nachfolger gefunden, wenn man von einigen – Achtung Häme – Kunststudiumsanfängern und Sonntagsmalern absieht. Ihre Hymne ans Großstadtleben, an Clubs mit zappelnden Gitarristen, nächtliche, mit Neonlicht übergossene Straßen, blindfenstrige Hochhäuser, hat sich als Sackgasse erwiesen. Aber wer in einer solchen schon mal wohnte, weiß, daß es sich darin viel besser lebt als an überfüllten Hauptstraßen.

Mit dem schnellen Verblassen des schnellen Ruhms geht ein Salome zum Beispiel ganz locker um. Fetting nicht. Frage: „Ist für sie Natur nur als Sujet der Malerei interessant, oder lieben Sie sie auch jenseits ihrer Arbeit.“ – „Was glauben Sie denn?“ – „Ich glaube nicht, ich frage.“ – „Und ich frage mich, was Sie mit meiner Antwort anstellen werden.“ – „Sie aufschreiben.“ – „Aber das kriegt dann doch immer eine bestimmte Richtung.“ – „Aber es müßte doch einem Menschen mit ihrem Erfolg egal sein, was in einem kleinen Provinzblatt steht. Das interessiert doch höchstens einen Newcomer.“ – Fetting empört: „Ich werde hier als Newcomer bezeichnet!“ Da ist einer durch den Kunstbetrieb gehörig mißtrauisch geworden. Und das obwohl schöne blaue Verkaufspunkte neben einem großen Sonnenblumenbild für 51.000 Mark und einem kleinen Kopf mit bohrenden Augen für 18.000 Mark kleben. Willi Brandt durfte er sogar auch mal in Bronze verwandeln. Diese 3,20 Meter stehen jetzt vor der postmodernen Berliner SPD-Parteizentrale. In der Kunstzeitschrift „ART“ findet sich 1995 ein Leserbrief Fettings, wo er ein aus dem Kontext gerissenes, doch harmloses Fetting-Zitat über den Trubel um Christos Reichstagsverhüllung korrigiert. Nur nicht fehlinterpretiert werden. Als „schwieriger Mensch“ wird so einer in einigen Kritiken genannt. „Er kommt aus Wilhelmshaven, ein verschlossenes Volk dort oben“, meint jemand auf der Vernissage. Mit Freunden schalkt er aber sehr entspannt über die Klassifizierung des Mundes, der seinem mutmaßlichen neuen Lieblingsmodell Ole abgeguckt ist: Kußmund? Schmollmund?

Seine Einstellung zur Natur verriet er dann doch noch: „Na gut, natürlich verehre ich die Natur.“ – „So richtig mit ausgiebigen Wanderungen am Wochenende?“ – „Dazu fehlt mir meist die Zeit.“ – „Und warum gibt es keine Großstadtbilder mehr?“ – „Gibt es noch. Aber nicht hier.“

Hier gibt es für die wohlhabende Oberneuländer Kunstklientel Äpfel, Trauben, Landschaft mit Wasser, Tulpen und glutäugige Gesichter. Man muß es geschafft haben, wenn man es wagen kann, Obst zu malen, meint Kollege Schossig von Radio Bremen. Bernd Zimmer aber malt schon immer wandgroße Berglandschaf-ten.

Die Rotzigkeit der Jungen Wilden verdeutlicht sich, seit sie sich an klassische Sujets wagen. Salome etwa entdeckte die Seerosen. Wo Monet mit großem technischen Aufwand in vielen Überlagerungen die Transparenz des Wasser darstellte, genügen dem Neuen ein paar wohlgesetzte Hiebe. Ähnlich ist das Verhältnis von den Sonnenblumen van Goghs und den Orangen Cezannes zu Fettings Blume und Obst. Wo andere Maler gerne davon erzählen, durch wie viele tausend Farbschichten sie sich durchkämpften, bis das Bild „stimmt“, muß bei Fetting der erste Wurf sitzen. Wie kleine explodierte Vulkane sitzen Ölbatzen auf der Leinwand. Und manchmal scheint ein beiges Linnen durch. Extrem ist der Unterschied zwischen dünnem und dickem Malauftrag. Korrigiert werden kann da fast nichts; nur bei goldgelben Zitronen wurde Farbe mit den Fingern weggekratzt. Vermutlich eine Methode, die hohen Ausschuß produziert. Fragt man Fetting, ob er denn viele Bilder wegschmeißen muß, empfindet er das natürlich als Unverschämtheit. „Das sage ich nicht.“ Ein Vernissagengast: „Bei Fetting hängen immer grottenschlechte Bilder, neben genialen Arbeiten: Das ist toll.“

Bis 21. März, So 16-19 Uhr und nach tel. Vereinbarung Tel.:  23 66 52. Oberneulander Landstr. 153.

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