Die Macht des Lächelns

Eine „herkulische Aufgabe“: Gestern zog Steven Spielberg eine Zwischenbilanz der Arbeit seiner Shoah Foundation. Und freute sich über einen Scheck in Millionenhöhe  ■ Aus Berlin Ulrich Clewing

Es gibt Leute, die sagen, Steven Spielberg sei im Grunde stets der kleine, staunende Junge geblieben, der er einmal war. Ob das stimmt, sei dahingestellt. Zumindest scheint sein Leben so rasant zu verlaufen, als wäre es Teil eines von ihm verfilmten Drehbuchs. Heute hier, morgen da, und immer gibt es etwas mitzunehmen, Erfolge im Zweifelsfall. Vorgestern abend, so Spielberg, habe seine Assistentin an die Tür seines Berliner Hotelzimmers geklopft und ihm eine lange Liste überreicht. Darauf verzeichnet alle Sparten, in denen sein Film „Saving Private Ryan“ für den Oscar nominiert wurde.

Einen Tag später bewies der illustre Gast aus Hollywood, daß er nicht nur Anekdoten, sondern auch ernsthafte Anliegen mit einem breiten Lächeln vortragen kann. Im Berliner Axel-Springer- Hochhaus zog er Zwischenbilanz der Arbeit seiner Shoah Foundation. Auch hierfür ist Anlaß genug vorhanden: Nachdem Mitarbeiter der Stiftung in den letzten vier Jahren Interviews mit insgesamt 50.100 Überlebenden des Holocaust geführt und auf Video aufgezeichnet haben, geht dieser Abschnitt des Projekts nun langsam seinem Ende zu. Jetzt sollen die Gespräche katalogisiert werden, eine „herkulische Aufgabe“, wie Spielberg meinte.

Anschließend plauderte Spielberg ein wenig aus dem Nähkästchen, erzählte, wie ihm während der Arbeit an „Schindlers Liste“ die Idee für die Shoah Foundation gekommen sei, nachdem ihm Statisten ihre persönliche Geschichte geschildert hätten. Wie er danach, als „Schindlers Liste“ auch hierzulande zu einem unerwarteten Erfolgsfilm geworden war, sein „Bild von Deutschland änderte“ und – entgegen seiner ursprünglichen Absicht – zum ersten Mal in seinem Leben Berlin besuchte. Das alles gab Spielberg mit einer Leichtigkeit zum besten, um die man ihn nur beneiden kann. Ähnlich umschiffte er das brisante Thema Holocaust-Mahnmal, mit dem seine Shoah-Stiftung auch in Verbindung gebracht wird. Das Mahnmal sei Sache der Deutschen, er habe nicht vor, sich einzumischen. Mehr sei dazu nicht zu sagen. Punkt und Beifall im Saal.

Darüber hinaus durfte sich der Regisseur über Nachrichten der ihm verbundenen „Partners in Tolerance“ freuen. Die drei größten Medienunternehmen in Deutschland, der Axel Springer Verlag, Bertelsmann und Burda, hatten ihre Vorstände geschickt, Spielberg eine Spende in Höhe von 2,6 Millionen Mark zu übergeben. Das Geld soll darauf verwendet werden, eine CD-ROM mit den Aussagen der Holocaust-Überlebenden zu produzieren, die dann laut Hubert Burda Schulen zu einem „vernünftigen Preis“ zum Kauf angeboten werden soll.

Auch sonst wollten sich die drei Medienmanager nicht lumpen lassen und versprachen, selber weiterhin ihren Teil zur beschworenen Toleranzpartnerschaft beizutragen. Das Thema habe, so referierte Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff, in seinem Unternehmen Tradition. Jedenfalls bekenne er sich „zu publizistischer Vielfalt und Toleranz“, und dem mochten auch Springer-Boß August A. Fischer und Hubert Burda aus naheliegenden Gründen nicht widersprechen. Da lächelte Spielberg, so, wie er es in den vorangegangenen Tagen in Berlin schon des öfteren getan hatte. Danach traf er sich mit Kanzler Schröder.