Wild zum Streik entschlossen

Arbeitgeber und Gewerkschaften in der Metallbranche haben sich nichts mehr zu sagen. Die Tarifrunde ist faktisch gescheitert. Die Metaller sind streikbereit  ■ Aus Berlin Annette Rogalla

Nun werden die Betriebe ausgeguckt und die Streikführer geschult. Um die Details festzuklopfen, versammeln sich morgen die Betriebsräte und Vertrauensleute der IG Metall. „Die Stimmung ist erheblich unter Null“, heißt es in der Gewerkschaftszentrale in Frankfurt am Main.

Überall im Land dieselbe Botschaft: Die Metaller sind bereit zum Streik. Dutzendmal haben die Tarifparteien verhandelt, ein letztes Gespräch in Baden-Württemberg haben die Arbeitgeber am Montag abend platzen lassen, die für gestern geplanten Verhandlung in Nordrhein-Westfalen kurzerhand abgesagt.

Dabei hatte der Montag in Stuttgart freundlich begonnen. Beide Seiten hatten zentrale Verhandlungskommissionen entsandt. Sie wollten damit den Willen dokumentieren, zu einem Durchbruch zu gelangen. Zunächst schien es nach einer problemlosen Runde auszusehen. Am Vormittag war aus Kreisen der IG Metall durchgesickert, die geforderten 6,5 Prozent seien verhandelbar, wenn am Ende mindestens ein Ergebnis von 4 Prozent stehe. Auch die Arbeitgeber signalisierten Kompromißbereitschaft. Man könne durchaus über die Möglichkeit nachdenken, zunächst die generelle Lohnerhöhung für alle zu diskutieren und die ins Spiel gebrachte Einmalzahlung von 0,5 Prozent eines Jahreseinkommens von dieser Frage abzutrennen.

An diesem kritischen Punkt gingen die Gesprächsversuche letztlich in die Binsen. Die Frage, ob es einen Einmalbetrag geben werde, ob eine Pauschalsumme gezahlt werde und wie lange der auszuhandelnde Tarifvertrag überhaupt gelten solle, sei in „keinster Weise“ gemeinsam zu lösen gewesen, sagte gestern die Stuttgarter IG- Metall-Sprecherin. Die Kölner Zentrale des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall beschied dazu knapp: „Unsere Position ist nicht akzeptiert worden.“ Netto und real habe man am Montag ein Angebot unterbreitet, das den Arbeitnehmern zwischen 2,5 Prozent und 3 Prozent mehr Geld gebracht hätte. Man habe den „Spielraum ausgefüllt“, mehr würde in der Branche Arbeitsplätze kosten.

Daß der Zoff in der Metallindustrie das Bündnis für Arbeit schwer belastet, hält Dieter Schulte, Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes, für unwahrscheinlich. „Die Türen sind noch nicht zugeschlagen“, sagte er gestern gegenüber der taz. Trotz der Streikvorbereitungen habe die IG Metall nach wie vor einen „ernsthaften Verhandlungswillen“. Schulte sagte auch, daß er diesen bei den Arbeitgebern mittlerweile vermisse.

Gesamtmetall ist am Montag hart geblieben, weil der Verband fürchtet, durch ein Zugeständnis Mitgliedsunternehmen zu verlieren. Vor allem kleineren und weniger leistungsfähigen Betrieben will man einen hohen Lohnabschluß nicht zumuten. Insider der Kölner Zentrale fürchten, daß „uns der Laden auseinanderfliegt, wenn wir mit einer Vier vor dem Komma abschließen.“

Die Arbeitgeber werden das Bündnis wohl nicht aufs Spiel setzen. Zwar sagte DIHT-Chef Peter Stihl gestern, bei einem Streik könne er sich „schlecht vorstellen“, daß sein Verband an der Kanzlerrunde teilnehmen werde. Doch tags zuvor hatte Arbeitgeberverbandschef Hundt schon eingelenkt. Er, der kürzlich noch gedroht hatte, ein Arbeitskampf verunmögliche das Bündnis, sagte, er werde das Thema Tarifpolitik beim ersten Kanzlergespräch ansprechen. Wie Gesamtmetall plädiert Hundt dafür, Tarifautonomie und Flächentarifvertrag im Prinzip zu sichern. Allerdings müßten die Parteien künftig tarifliche Mindestbedingungen, mit Abweichungsmöglichkeiten für die Betriebspartner, verabreden.

Die IG Metall scheut einen Konflikt nicht, zeigt sich aber gesprächsbereit. Vizechef Peters sagte gestern, man sei weiterhin zu Gesprächen mit den Arbeitgebern bereit. Zeit für eine Einigung bleibt. Realistisch ist ein Flächenstreik frühestens Ende Februar.