Gruppenbild mit Perschau

■ In diesen Tagen entscheidet sich das Schicksal der Lloyd-Dynamo-Werke / Finanzsenator Perschau kam, um Mut zu machen und versprach eine Bürgschaft

„Einen Scheck hat er nicht mitgebracht“, grummelt der Pförtner bei den Lloyd-Dynamo-Werken (LDW). Hartmut Perschau, Bremens Finanzsenator, war gestern gekommen, und das sollte sicherlich auch den Beschäftigten Mut machen. Seit Tagen ruht die Arbeit weitgehend, weil die Materialbeschaffung stockt. Und die Kunden sind verunsichert durch den Konkursantrag. „Allein im Februar haben wir 10 Millionen Mark an Aufträgen verloren“, räumt der Geschäftsführer Berthold Groeneveld in aller Offenheit ein, neue Aufträge würde derzeit niemand unterschreiben: „Wir müssen sehen, daß wir am 1. März wieder handlungsfähig sind.“

Bis dahin werden die Löhne auf Kredit der Sparkasse finanziert – Konkursausfallgeld. Am 1. März, so hofft Groeneveld, wird es eine neue Firma geben, „LDW-neu“, die den Betrieb auffangen könnte. Mit zwei regionalen Firmen steht der Geschäftsführer in Kontakt, die zusammen vielleicht 80 Prozent übernehmen würden: Das Management der Werke würde die restlichen 20 Prozent übernehmen und mit dem eigenen Risiko auch dokumentieren, daß es kein Faß ohne Boden ist, in das da investiert wird. Auch den potentiellen Gesellschaftern soll das Gruppenbild mit Perschau Mut machen.

„Es gibt gute Chancen, das Vertrauen der Kunden wiederzugewinnen“, fachsimpelt Perschau und schätzt die Chancen gleichzeitig nur auf „50 zu 50“. Der Finanzsenator könnte sich vorstellen, mit einer Bürgschaft den Neubeginn abzusichern, Details aber gibt es noch nicht: „Man muß ersteinmal wissen, wem man die Bürgschaft zahlen soll.“

Gezahlt werden müßte natürlich nur, wenn die Auffanglösung gescheitert ist. Geschäftsführer Groeneveld sieht die Chancen weit größer als 50 zu 50. „Sonst würde ich mein Geld nicht da reinstecken“, sagt er. Seit 26 Jahren ist er im Betrieb, lange als Technischer Leiter, seit 1996 als Geschäftsführer. Damals hatte die AEG den neuen Gesellschaftern Geld dazugegeben, um den Betrieb loszuwerden: 94 Millionen Mark Umsatz machten die LDW 1995, 40 Millionen Verlust. Die Belegschaft wurde kräftig abgebaut, das Eckgrundstück am Hastedter Osterdeich, auf dem heute schon die Betonwand für einen Edeka-Großmarkt steht, für elf Millionen Mark verkauft.

Im vergangenen Jahr war der Betrieb so weit gesund, daß bei 80 Millionen Umsatz nur ein Verlust von 5 Millionen zu erwarten war, sagt der Geschäftsführer. Warum die Gesellschafter in dieser Lage nicht mehr wollten, ist für alle Beschäftigten ein Rätsel. Die Pensionslasten für die abgebaute Belegschaft drücken, der Vertrieb war zu teuer, ein Berliner Betriebsteil defizitär, das sind alles Probleme, die jetzt über das Konkursverfahren gelöst werden können, ist Groeneveld überzeugt. Deswegen hoffte die Belegschaft anfangs auf einen Zwangsvergleich, bis die Gesellschafter plötzlich sagten, sie hätten das Interesse ganz verloren und den Betrieb mit 35 Millionen an Forderungen im Stich ließen. „Ich bin einer der wenigen, die glauben, daß die Gesellschafter das nicht von vornherein wollten“, so Groeneveld.

Für die Überlebenschance der LDW müssen aber noch einmal 70 Arbeitskräfte weg. Der Betriebsrat kennt seit Jahren nur die Verhandlungen um den Abbau, bei den LDW waren mal stolze 800 Leute beschäftigt. „Wir hoffen, daß es weiter geht“, sagt Betriebsrat Peter Müller. Wenn die Hoffnung ganz unbegründet wäre, hätte der Profi Perschau sich sicherlich nicht vor dem großen Schiffsmotor, der von der Meyer-Werft für die Oceana bestellt ist, ablichten lassen. Perschau als Pate einer Pleite – das käme schlecht im Wahlkampf. K.W.