■ Würden Sie anderen Menschen helfen?
: „Mein Leben würde ich nicht riskieren“

Mayssa Hussein, 20 Jahre, arbeitslos

Ich würde anderen Menschen immer helfen. Ich bin Palästinenserin und war selbst Flüchtling im Libanon, und ich weiß wie das ist. Wir haben in einem Flüchtlingslager gewohnt. Ob ich Juden helfen würde, weiß ich allerdings nicht, da ich von dort geflüchtet bin. Trotzdem habe ich auch jüdische Freunde. Menschen, die vor einem Krieg fliehen, würde ich auf jeden Fall auch zu Hause unterbringen.

Andreas Kaufmann, 37 Jahre, arbeitslos

Egal von welcher politischen Couleur die Leute gesucht werden, man sollte sie nicht ausliefern. Unser Fußballverein in Spandau hatte 1985 Besuch aus Nauen. Da haben wir zwei Leute in der Toilette verschanzt. Die DDR-Reiseleitung fragte, wo die seien. „Hier ist niemand“, haben wir behauptet. Der Reisebus stand noch eine halbe Stunde vor der Tür und ist dann ohne sie zurückgefahren.

Yusuf Örs, 35 Jahre, Kaufmann

Wenn es ums Leben geht, muß man einiges riskieren. Aber wo man die Grenze setzen soll, ist schwer zu sagen. Mein eigenes Leben würde ich allerdings nicht in Gefahr bringen. Bei der Entscheidung, wem ich helfen würde, spielen Nationalität und Herkunft keine Rolle. Schließlich geht es um Menschen. Aufgenommen habe ich noch nie jemand, aber ich habe finanziell geholfen.

Ingeborg Sauer, 63 Jahre, Rentnerin

Oft kann man helfen, indem man einfach zuhört. Ich habe das Gefühl, daß die Ostdeutschen hilfsbereiter sind als die Westdeutschen. Kameradschaftlichkeit war in der DDR viel wichtiger. Der Betrieb war nicht nur eine wirtschaftliche sondern auch eine soziale Einheit. Aber nicht nur die individuelle Hilfe ist wichtig. Es müssen auch die gesellschaftlichen Ursachen von Not beseitigt werden.

Anthony Phillips, 36 Jahre, Betriebswirt

Wenn Menschen in Gefahr sind, würde ich helfen. Beispielsweise würde ich Flüchtlinge aus Afrika auch zu Hause aufnehmen. Allerdings nur, wenn meine Familie nicht in Gefahr ist. Wenn man mit seiner Hilfsaktion das Gesetz bricht, erhöht man das Risiko. Grundsätzlich habe ich die Erfahrung gemacht, daß die Amerikaner hilfsbereiter sind als die Deutschen. Die sind einfach offener.

Uwe H., 60 Jahre, führender Angestellter

Neulich habe ich einem Asylanten geholfen, der eine Wohnung suchte. Grundsätzlich habe ich das Gefühl, daß die Hilfsbereitschaft in der Gesellschaft abnimmt. Die Menschen ziehen sich sehr stark auf sich selbst zurück. Der äußere Druck, der auf vielen lastet, die im Arbeitsleben stehen, läßt kaum noch Raum für eine Öffnung nach außen. Ich glaube, die Zeiten für Hilfe sind nicht günstig.

Umfrage: Annette Rollmann

Fotos: Hans-Peter Stiebing