Steinerne Grußpostkarten

■ Kinderfilmfest: Joe O'Byrnes souveränes Filmdebüt „Pete's Meteor“

Auf diesen Inseln nördlich von Frankreich hat man ja die Angewohnheit, unbedingt in einem „House“ leben zu müssen: Jede Wohnung hat eine separate Tür zur Straße und jedes noch so mickrige Häuschen einen eigenen Garten. Der ist bekanntlich dann nicht immer sehr groß. Der von Micky, Dave und Sue, den drei Waisenkindern, die bei ihrer Großmutter Lily in Dublin aufwachsen, ist gerade mal so groß, daß ein Meteor dort landen kann.

Nachdem das unter großen Getöse passiert ist, glauben die drei fest daran, der Steinbrocken aus dem Weltall sei eine Grußpostkarte ihrer sich bekanntermaßen ja ebenfalls dort oben befindlichen Eltern. Nun hat man zwar einen Pool, aber im Garten müssen sich fortan alle am Zaun entlangquetschen. Der Versuch, den Meteor zur Einahmequelle zu machen, schlägt fehl, statt dessen wird er von Wissenschaftlern abtransportiert, denn „alles, was vom Himmel fällt, gehört ihnen, sagen sie“. Der Meteor ist die größte anzunehmende Unregelmäßigkeit im trostlosen Einerlei der Arbeitersiedlung, in der die Kinder nahezu unvermeidlich in eine Zukunft aus Arbeitslosigkeit, Drogen, Gewalt und Kriminalität hineinwachsen.

Ganz in der Tradition solcher Filme wie „The Snapper“ und „The Commitments“ hat Regisseur Joe O'Byrne seinen Figuren einen zwar derben, aber immer ehrlichen Humor zugestanden, ohne den die drückende Realität gänzlich unerträglich werden würde. Anders gesagt: O'Byrne dürfte seinen Roddy Doyle gelesen haben. Es sind halt immer wieder die Iren, die Resteuropa zeigen, daß man auch sozial relevante Filme für Jugendliche machen kann.

Es gibt einen Tag, an dem die Kinder glücklich sind, einen Tag, an die steingraue Enge der Siedlung mit der Weite des Meeres vertauscht wird, ein Tag, der die Herzen aufgehen läßt. Die Sonne scheint, der Wind weht, und Glück bekommt Bilder, die man zwar kennt, die aber trotzdem die Klischees umschiffen.

O'Byrne, der bisher vor allem als Theaterautor tätig war, legt schon in seinem Spielfilmdebüt eine erstaunliche Souveränität im Umgang mit seinen filmischen Mitteln an den Tag. Selbst als sich die Großmutter auf das Grab ihrer Tochter legt, ist wie von Geisterhand jeder Kitschvorwurf gebannt. Zur Hilfe kommen O'Byrne dabei seine durchweg grandiosen Schauspieler: Von Mike Meyers, dem ehemaligen „Saturday Night Life“-Blödler, der hier seine zweite ernsthafte Rolle nach „Studio 54“ spielt, und das sehr gut, bis zu den Kinderdarstellern, die die in solchen Produktionen sonst so beliebte steife Unerfahrenheit gar nicht erst zu kennen scheinen. Thomas Winkler

16.2., 10 Uhr, FaF; 18.2., 15 Uhr, Adria; 19.2., 10 Uhr, Urania, empfohlen ab 12 Jahren