Nicht abgrasen. Anstiften

■ Erste Programmvorschau auf die Hammoniale 1999 – das letzte Frauenfestival in Hamburg blickt trotz allem in die Zukunft

Das letzte Frauenfestival auf Kampnagel soll das größte seiner 13jährigen Geschichte werden: Vom 16. Juni bis zum 3. Juli präsentiert die Hammoniale in diesem Jahr 300 Künstlerinnen aus 25 Nationen. Eröffnet wird mit der Multi-Media-Performance Drummin der in New York lebenden kubanischen Komponistin Tania León. PerkussionistInnen aus zwölf Ländern werden unter ihrer Leitung von einem Festivalorchester begleitet, das Leóns Stärke Ausdruck verleiht – der Verbindung von Jazz und Neuer Musik. Ein Wiederhören gibt es am Ende des Festivals, wenn das NDR-Sinfonieorchester eine Auftragsarbeit der Hammoniale an die Kubanerin in der Musikhalle aufführt, eingebettet in Erstaufführungen von Sofia Gubaidulina und Galina Ustwolskaja. Ebenfalls zu Gast werden die französisch-vietnamesische Choreographin Ea Sola sowie die indische Choreographin Chandralekha sein.

Auf insgesamt acht vergebene Auftragsarbeiten sowie 15 Ur- und Erstaufführungen sind die Hammoniale-Macherinnen besonders stolz. Nicht die Szene abgrasen, sondern anstiften heißt ihr Konzept – zu künstlerischer Produktion und darüber hinaus. „Unser Festival hatte von Anfang an einen gesellschaftspolitischen Anspruch“, betont Irmgard Schleier, Mitbegründerin und Leiterin des Festivals. 1999 soll auf „das Jahrhundert der Frauen zurückgeblickt“ und „eine Brücke ins 21. Jahrhundert geschlagen“ werden. Alle Künstlerinnen, die in Hamburg gastieren, übernehmen eine Patenschaft für eine junge Künstlerin oder künstlerische Initiative. So wird ein internationaler künstlerischer Generationenvertrag geschlossen, der auch den Dialog zwischen den Kulturen fördern soll: „Es ist ja gar nicht klar, ob die nächste Generation noch Bedingungen findet, unter denen man künstlerisch arbeiten kann.“

Klar ist hingegen, daß die Kulturbehörde auf die Arbeit des Festivals keinen Wert mehr legt (taz berichtete). „Sie können uns die Subventionen abgraben, aber nicht das Engagement“, betont Schleier in einem Tonfall, der keinen Zweifel erlaubt. Zornig, vor allem über die apodiktische Art der Abfuhr, seien die 25 GestalterInnen der Hammionale, aber auch „im Kampf geübt. Wir werden nicht unsere Kraft in Zorn vergeuden, sondern jede Chance von Einfluß wahrnehmen.“ Falls sich in Hamburg keine Alternative zu Kampnagel und Subvention findet, wird die Hammoniale in eine der drei Städte auswandern, die bereits konkretes Interesse angemeldet haben. Die Hamburger Kulturbehörde war nicht einmal zu dem Kompromiß bereit, zumindest die Ergebnisse der künstlerischen Patenschaften im Jahr 2001 vorzustellen. Aber da ist es ja auch schon vorbei, das Jahrhundert der Frau.

Christiane Kühl