: Vollgas Richtung Fernsehen
Mit dem Magazin „News Maker“ will der Springer-Konzern erstmals in die Fernsehproduktion einsteigen ■ Aus Hamburg Marcel Rosenbach
Im Fernsehjournalismus hatte der Axel Springer Verlag bisher wenig Glück. Eher unrühmlich endete 1996 ein Boulevardmagazin namens „Bild-TV“ beim Sender Sat.1, der Springer zusammen mit Kirch gehört. Statt zu überlegen, wie der Sender und die gewinnträchtigste deutsche Zeitung ihre Kräfte am erfolgreichsten bündeln können, wurde darüber räsonniert, wem „Bild-TV“ mehr schaden würde: Sat.1 mit schlechten Quoten oder Bild, wenn die Fernsehkollegen blutrünstiger daherkommen, als es selbst das Massenblatt mittlerweile gut findet. Schließlich landeten die Pläne samt einer mißlungenen Pilotsendung im Müll.
Peinliche Pilotsendung landete im Müll
Jetzt wagt der Verlag einen neuen Anlauf. Fernsehreporter mit Springer-Visitenkarte jetten derzeit um den Globus. Sie recherchierten schon in den USA, in Thailand und im Kosovo. „News Maker“ lautet der Arbeitstitel des geplanten einstündigen Magazins. Die Sendung, so die verlagsinternene Vorgabe, soll seriösen und investigativen Journalismus bieten. Ansonsten wird über das Projekt offiziell geschwiegen. Denn die Verantwortlichen wollen „News Maker“ nächste Woche mit Tamtam der Presse vorstellen.
Wie die taz erfuhr, soll sich die Sendung von der Konkurrenz vor allem durch den Präsentationsstil abheben: Danach gönnt sich Springer gleich vier ModeratorInnen – zwei Frauen und zwei Männer. Großes Vorbild ist das US-Kultmagazin „60 Minutes“, in dem einige wenige Starreporter jeweils ihre Berichte anmoderieren und auch gleich die Interviews führen – ein in der deutschen Fernsehbranche lange verehrtes, aber nie umgesetztes Konzept.
Ein Team von rund 20 Mitarbeitern arbeitet in einem Großraumbüro im siebten Stock des Hamburger Springer-Hochhauses. Die ersten Pilotsendungen liegen zur Begutachtung bei Sat.1, wo „News Maker“ nach den Worten von Sendersprecher Dieter Zurstraßen „ab April“ laufen soll.
„News Maker“ ist der erste Schritt der neuen Springer-Strategie, mit der die Spezialisten für gedrucktes Fernsehen à la Bild endlich auch in die Welt der bewegten Bilder vorstoßen wollen. Der Konzern ist spät dran: Die Auswahl der Printprodukte, deren Bilder in den letzten Jahren bei verschiedenen Sendern das Laufen gelernt haben, reicht von „Auto Motor und Sport TV“ bis zum „Format NZZ“ der Neuen Zürcher Zeitung (beide laufen bei Vox).
Mit dem vor einem Jahr angetretenen Vorstandschef August Fischer drehte sich bei Springer der Wind. Der bisherige Chef Jürgen Richter sah das Fernsehgeschäft eher skeptisch. Fischer, ehemals rechte Hand des Medienunternehmers Rupert Murdoch, schickt den Verlag jetzt mit Vollgas in die Fernsehwelt. Schließlich hat auch Murdoch mal mit einem Zeitungsverlag angefangen. Den Aufstieg zum internationalen Magnaten schaffte er aber vor allem mit seinen elektronischen Aktivitäten.
Um sich Entwicklungsmöglichkeiten bei Sat.1 zu schaffen, drängten die Springer-Manager Mitgesellschafter Leo Kirch zu einer neuen Arbeitsteilung beim Gemeinschaftsunternehmen. Der Zeitungskonzern kümmert sich um Nachrichten und Information. Seit einigen Monaten verkünden deshalb Springer-Leute lauthals den Einstieg in das Fernsehproduktionsgeschäft. Vizevorstand Claus Larass versucht der Konkurrenz mit einer „vollen Kriegskasse mit rund 800 Millionen Mark“ zu imponieren.
Das Geld wird er brauchen. Immerhin schickt mit „News Maker“ gleich zu Beginn ein ambitioniertes Projekt in einen heißumkämpften Markt. So machten etwa die TV- Ableger der Zeit der Printmarke keine Ehre und mußten sang- und klanglos wieder eingestellt werden. Zuletzt ereilte dieses Schicksal „Brigitte TV“, das in der ARD nur 24 Wochen überstand. Selbst beim erfolgsverwöhnten „Spiegel TV“ läuft nicht mehr alles rund: Die Formate „Thema“ und „Interview“ wurden zum Jahresbeginn beerdigt.
Wie ernst es Springer mit den journalistischen Ansprüchen an seinem Fernseherstling meint, muß man sehen. Der erste größere Zukauf im Rahmen der neuen TV- Strategie läßt zumindest Zweifel aufkommen: Im Dezember erwarb der Verlag die Mehrheit an der Schwartzkopff tv productions, die sich mit den nachmittäglichen Quasselrunden „Sonja“, „Pilawa“ (beide Sat.1) und „Türck“ (Pro 7) zum Marktführer bei den täglichen Talkshows hochpalavert hat.
Für die „Task Force“, die derzeit an „News Maker“ bastelt, wurde Michael Pauli engagiert, der sich unter anderem bei „Stern TV“ seine Sporen verdiente. Sein Magazin-Team ist jung, einige Mitarbeiter haben bisher kaum Fernseherfahrung.
Entsprechend genau wird man sich bei Sat.1 anschauen, was da von Springer in die MAZ-Maschinen flattert. Andererseits kann der Programmimport dem Sender eigentlich nur guttun: Nach dem unrühmlichen Ende von „Talk im Turm“ fehlt der Sat.1-Infoleiste jegliches Aushängeschild. Laut Sat.1-Sprecher Zurstraßen befindet man sich in der Berliner Zentrale denn auch „in freudiger Erwartung einer neuen Programmfarbe“. Derzeit denke man statt des ursprünglich geplanten Sendeplatzes Montagabend um Viertel nach sieben über einen „deutlichen Prime-time-Termin zwischen 20.00 und 22.00 Uhr nach“.
Sat.1 ist schon in „freudiger Erwartung“
Von einer Delegation der Info- Kompetenz an den Gesellschafter Springer will Zurstraßen aber dennoch nichts wissen: Sat.1 werde seine Infoschiene vielmehr in diesem Jahr „inhouse“ mit zusätzlichen Kurznachrichten „in der daytime“ und einer neuen Spätnachrichtensendung stark ausbauen. Die Springer-Zulieferung sei damit allenfalls eine „gute Ergänzung“. Zwar werde derzeit über weitere Projekte mit Springer TV nachgedacht, konkrete Pläne gebe es aber noch nicht: „Wir warten jetzt erst einmal ab, wie ,News Maker‘ läuft.“
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