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"Etwas veraltet"

■ Gespräch mit dem 1969 in Peking geborenen Regisseur Shi Runjiu

taz: Dein Film handelt von einem jungen Mann vom Land, der ein Appartment in Shanghai gewinnt, dann aber erfahren muß, daß das Gebäude erst in eineinhalb Jahren fertig wird. Was fesselt dich an der Geschichte?

Shi Runjiu: Im Moment möchte jeder in China die rasante wirtschaftliche Entwicklung nutzen, um seinen Lebensstandard zu verbessern. Da es aber Jahrzehnte dauern wird, bis es auch für die Bewohner der ländlichen Gebiete aufwärts geht, träumen alle davon, das schnelle Geld zu machen. So wie die Hauptperson in meinem Film, die zwar eine Wohnung gewonnen hat, sich das Überleben in Shanghai dann aber doch erst mühsam selbst erarbeiten muß. Was ich damit sagen will ist, daß man schon auf seine eigenen Fähigkeiten bauen muß, wenn man etwas verändern möchte.

Ist die Geschichte nicht sehr konventionell? Er, ein netter traditioneller Mann, unverbraucht ehrlich, trifft auf seine moderne Shanghaier Verwandte, die sich im Laufe des Films unter seinem guten Einfluß von einer Kleinkriminellen zu einer netten jungen Frau entwickelt?

Die Geschichte ist konventionell. Ich wollte aber neben der zeitlosen Suche nach Glück darin auch zeigen, daß man zwischen dem, was diese beiden Personen repräsentieren, differenziert wählen muß. Nicht alles, was sie als verwestlichte Städterin normal findet, ist besser oder schlechter als das, was ihr Verwandter vom Land tut und denkt. Am Ende haben sie gelernt, sich zu verstehen.

Würdest du mit eigenem Geld auch so einen Film machen?

Nein, der würde völlig anders aussehen. Ich hoffe, daß ich dieses Jahr noch einen drehen werde, in dem ich dann die Ideen, die ich hier nicht umsetzen konnte, einbringen kann. Wenn dieser Film problemlos vom Filmbüro durchgewinkt wird und einen gewissen Bekanntheitsgrad beim Publikum erreicht, dann hoffe ich, es beim nächsten Mal auch mit einem experimentelleren Film leichter zu haben.

Welches ist das größte Problem beim Filmemachen in China?

Es gibt zwei Probleme: Das eine ist, wirklich ehrliche Filme produzieren zu können, deren Drehbücher durch die Zensur kommen, und das zweite, fast noch größere ist, daß das Publikum diese auch zu sehen bekommt, denn darüber entscheiden die Funktionäre in den vielen lokalen und provinziellen Vertriebsbüros. Und wenn die sich von einem Film nichts versprechen, läuft er eben nicht.

Welchen Einfluß hatte die fünfte Generation der chinesischen Filmemacher, Zhang Yimou, Chen Kaige u.a. auf dich?

Ich habe viel Gutes von ihnen gelernt, aber ich finde, sie sind inzwischen etwas veraltet. China hat sich sehr geändert, und dafür müssen wir neue Ausdrucksformen finden. Ich will aufzeigen, was die jungen Leute heute beschäftigt, nicht nur feststellen, wie verkommen unsere Gesellschaft ist, sondern mir auch überlegen, wie ich welches Problem löse. Die Leute sollen nicht verzweifeln, sondern sie sollen das Gefühl haben, sie können etwas verändern. Ich will auch nicht, daß sie China hassen, wenn sie ins Kino gehen, sondern, daß sie es lieben.

Welche ausländischen Regisseure haben dich beeinflußt?

Godard, Wenders, Faßbinder sind für mich die stärksten westlichen Regisseure. Der handwerkliche Einfluß dieser Leute auf mich war sehr groß, aber um chinesisches Leben zeigen zu können, muß ich mich doch in China selbst umgucken.

Zum Geldverdienen eignet sich das Filmemachen nicht. Du drehst nebenbei Musikvideos oder Fernsehspiele. Was hält dich beim Kino?

Ich möchte dazu beitragen, daß es mit dem chinesischen Kino überhaupt weitergeht, denn momentan werden kaum noch junge chinesische Filme produziert, der Markt ist fast ganz in amerikanischer Hand. Interview: Diana Zimmermann

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