Runder Tisch bemüht sich um Deeskalation

■ Kurdenvertreter trafen sich gestern mit Grünen, PDS und SPD beim Parlamentspräsidenten

Einen ersten Erfolg zeigten gestern abend die anhaltenden Vermittlungsbemühungen von Giyasettin Sayan (PDS) und Riza Baran (Grüne). Auf Anregung der beiden Abgeordneten kurdischer Herkunft trafen sich gestern Vertreter der Kurden und Abgeordnete fast aller Fraktionen zu einem Gespräch bei Parlamentspräsident Herwig Haase (CDU). Allein die CDU-Fraktion hatte die Teilnahme abgelehnt.

Der Kreis beschloß, Haase solle bei der Innenverwaltung darauf drängen, daß die Namen der erschossenen, verletzen und verhafteten Kurden bekanntgemacht und die Angehörigen informiert werden, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der SPD- Fraktion, Hans-Peter Seitz.

Zudem will man einen Dialog zwischen der kurdischen und der jüdischen Gemeinde initiieren. Man wolle sich dafür einsetzen, so Seitz, daß die Angehörigen vor dem israelischen Konsulat Blumen niederlegen können. Alle Beteiligten des Gesprächs hätten zur Gewaltfreiheit aufgerufen.

Seit Beginn der Proteste hatten sich Sayan und der grüne Abgeordnete türkischer Herkunft Ismail Kosan zu Vermittlern in der kurdischen Community entwickelt. Doch, und das wissen beide, können sie nur bedingt eingreifen, denn die Aktionen werden zum großen Teil von der europäischen Zentrale der PKK gesteuert.

Das erklärte gestern auch Eduard Vermander, der Chef des Landesamtes für Verfassungsschutz: „Die Dinge, die laufen, werden nicht in Berlin entschieden.“ Verantwortlich hierfür sei die Europazentrale der PKK, deren Führungsstrukturen „immer noch intakt“ seien. Die „Berliner Szene“, so Vermander, halte sich im übrigen diszipliniert an diese Weisungen. Das sei auch der Grund, warum es in Berlin bislang keine Brandanschläge gegeben habe.

Bei den Kundgebungen und Besetzungen sind laut Sayan jedoch „nur einige“ PKK-Anhänger oder gar Mitglieder dabei. Das sei jedoch immer der „gleiche Kern von Leuten“. Die anderen seien lediglich Sympathisanten, denen es oft eher um die „kurdische Sache“ als um die PKK ginge: „Viele gehen hin, um einfach dabeizusein“, sagte auch Gülistan Gürbey, Politikwissenschaftlerin und Kurdenspezialistin.

Die Protestierer seien sehr oft Jugendliche oder junge Erwachsene. „Es sind meist Kinder von Migranten, aber auch einige politische Flüchtlinge“, sagte Kosan. Wenn es zu Spannungen zwischen Kurden und Türken kommen werde, dann unter den jungen Leuten. Sayan geht davon aus, daß der überwiegende Teil der 50.000 Berliner Kurden „Gewaltanwendungen“ nicht gut fänden. In Berlin gebe es weniger als 100 PKK- Mitglieder, einige hundert Anhänger und rund 2.000 Sympathisanten. Innensenator Werthebach sprach von 1.100 „PKK-Angehörigen“. nau/sam/wera