„Konsequenzen ziehen, aber nicht nur rhetorische“

■ Berlins Ausländerbeauftragte Barbara John (CDU) über die gewalttätigen Aktionen der Kurden, über die lauter werdenden Forderungen nach Abschiebung und die Grenzen der Integrationspolitik

taz: Viele Deutsche verstehen die protestierenden Kurden nicht mehr. Verstehen Sie sie noch?

Barbara John: Es geht nicht mehr um Verstehen. Hier kommt Fanatismus zum Ausdruck und Haß pur. Die Kurdenproteste schockieren. Unsere Gesellschaft darf solche Verhaltensweisen nicht verstehen, sondern muß ihnen entschieden entgegentreten.

Welchen Schaden haben die Proteste im Verhältnis zwischen Deutschen und Ausländern angerichtet?

Der Schaden ist noch nicht abzusehen. Es gab noch gar kein Grundvertrauen in eine kulturell vielfältige Gesellschaft. Alle die, die immer schon ethnische Mauern aufbauen wollten, werden sich bestätigt fühlen und diese Ereignisse als Beweis für ihre Befürchtung anführen. Das ist natürlich falsch. Diese Auseinandersetzung, die aus der Türkei zu uns herüberschwappt, ist einzigartig. Wir kennen nichts Ähnliches von anderen Zuwanderergruppen. Es muß jetzt schnell analysiert werden, was wir selbst hätten anders machen können – auch in der Frage der massenhaften Zuwanderung von asylsuchenden Kurden –, um Gewalt zu verhindern.

Der stellvertretende CDU- Fraktionschef Rüttgers hat mehr Abschiebungen gefordert...

Ich gehöre nicht zu denen, die Stunden nach so einem Ereignis schon wissen, was zu tun ist. Gewalttäter müssen natürlich abgeschoben werden, aber oft ist ihre Identität gar nicht bekannt. Wir müssen jetzt erst mal analysieren und dann Konsequenzen ziehen, aber nicht nur rhetorische.

Stoßen Sie bei Gruppen wie den Anhängern der PKK nicht an ihre Grenzen?

Ja. Wenn Leute bereit sind, für ihre Ideen zu sterben, stößt jeder an Grenzen.

Was können Sie noch tun?

Mit Menschen, die sich lieber umbringen, als ihre Ideen sterben zu lassen, können wir nicht zusammen leben. Aber auch andere können das nicht. Die vielen gemäßigten Kurden in Deutschland müssen sich der Auseinandersetzung mit den PKK-Leuten stellen und versuchen, auf sie einzuwirken. Obwohl es nicht einfach ist und viel Mut erfordert. Ich möchte dabei helfen, aber ob es gelingt, steht in den Sternen.

Wie können Sie helfen?

Morgen abend diskutiere ich zum Beispiel mit kurdischen Vereinen. Wir wollen dabei klären, ob sie selbst mehr Verantwortung übernehemen können für die Situation in Berlin. Aber wenn Gewalt schon regiert, sind erst einmal Polizei und Justiz gefragt. Gespräche können das nur begleiten. Interview: Till Ottlitz