Wiedergänger

■ Born to lose: Kai Damkowski und sein Punk-Protokoll „angst sucht hase“

Als Lesungen noch nicht Slam Poetry hießen, ging in Hamburg bereits der Klausner um. Damals, zu Beginn der 90er Jahre, offenbarte sich der Fanzinemacher das erste Mal der hiesigen Underground-Posse. Ein angry young man, so schien es, der wegen seiner mit manischem Timbre vorgetragenen intimen Geständnisse bald nicht nur bei Kneipiers gefürchtet war. Aber auch ein lieber Kerl, der trotz seiner angestrengten Bemühungen, nicht politisch korrekt zu sein, beim Wort „Ficken“ meist als erster errötete.

So wurde Klausner, der mit bürgerlichem Namen Kai Damkowski heißt, ein bis heute umstrittener Kämpfer für das eigene Wort. Einige sahen in ihm schon den Wiedergänger Klaus Kinskis und erinnerten sich daran, wie dieser in den 60ern Villon zitierend durch Pöseldorfs Kneipen zog. Andere wiederum dachten bei seinen Lesungen an Charles Bukowski, was wohl in erster Linie am Namen lag. Der Rest ging meist wo-anders trinken und las das Unerhörte im Klausner nach, jenem radikal subjektivistischen Punk-Fanzine, das jahrelang das schriftliche Sprachrohr des schlacksigen Exzentrikers war.

Jetzt hat Kai Damkowski sich selbst und die Figur des Klausners in seinem ersten Buch verewigt. Im Titel suggeriert angst sucht hase dabei mehr Selbstironie, als zwischen den knapp 300 Seiten zum Vorschein kommt. Was als Gedächtnisprotokoll eines durchgemachten Wochenendes beginnt (“Ein Sonnenstrahl schweißt mir die Augenlider auseinander“), endet in einer Selbstfindung wider Willen. Wer also ist dieser Klausner wirklich?

Kai Damkowksi zeichnet hier vor allem die Punkversion eines getretenen Bildungsbürgers. Jemand, der ewig und vor allem bei Frauen zu kurz gekommen ist, und sich als misogyne Mischung aus Macho und Muttersöhnchen präsentiert. Zudem macht ein grundlegender Kulturpessimismus unserem Helden das Leben schwer. Blind wettert er gegen die heutige Jugend, gegen MTV und Hollywood. Denn Klausner haßt Pop, haßt überhaupt jegliche Entwicklung. Als geborener Antimodernist kämpft der ewige Punk gegen die scheinbare Dekadenz seiner Umwelt und erkennt die eigene Bestimmung als Chronist dieses Zerfalls. So weiß er, daß man prinzipiell kein Bier aus Dosen trinken soll und daß ein schweißtreibendes Punkkonzert zu „Salzrändern“ in der Jacke führt.

Natürlich ist das lächerlich. Aber ehrlich. Denn Damkowski kann die Figur des Klausners als Karikatur, die sie zweifellos ist, nicht weiterspinnen, ohne sich selbst dabei zu verraten. So bleibt das Schreiben Ausdruck eines Scheiterns, das jedoch durchaus sympathisch ist. Born to lose. Dagegen färbt dann selbst das Hamburger Lokalkolorit ab. Wenn der ehemaligen Szene-Hangout „Casper's Ballroo“ bedeutungsschwanger zur „Kneipe der Verlorenen dieser Welt“ erhoben wird, weiß man: Die Angst hat einen ganzen Hasenstall gefunden.

Michael Hess

Kai Damkowski: „angst sucht hase“, Verlag Jens Neumann, 291 Seiten, 32 Mark