Helmut Hofer kann ein wenig aufatmen

Das oberste Gericht in Iran hebt das Todesurteil gegen den deutschen Geschäftsmann auf. Der Prozeß belastet das Verhältnis zu Deutschland vor dem geplanten Besuch von Kanzleramtsminister Hombach  ■ Aus Teheran Thomas Dreger

Für Helmut Hofer scheint das Schlimmste vorbei zu sein. Am Samstag erklärte die 34. Kammer von Irans oberstem Gerichtshof das gegen den deutschen Geschäftsmann verhängte Todesurteil für nichtig. Der im vergangenen November ergangene Richterspruch sei „unvollständig begründet“. Der Prozeß gegen den 58jährigen Geschäftsmann soll nun noch einmal aufgerollt werden – zum dritten Mal.

„Helmut Hofer ist sehr froh“, erklärte gestern der iranische Anwalt des Deutschen. Er gehe davon aus, daß sein Mandant bald freigelassen werde. Wann der neue Prozeß beginnen soll, wurde nicht bekannt. Er soll öffentlich sein.

Hofer war am 21. September 1997 bei der Ankunft auf dem Flughafen Teheran festgenommen worden. Der Grund: eine 30 Jahre jüngere Iranerin hatte behauptet, er sei ihr zukünftiger Ehemann. Zudem habe er bei einem früheren Iranbesuch bereits Geschlechtsverkehr mit ihr gehabt. Geschlechtsverkehr zwischen Unverheirateten gilt im Iran als Unzucht, schläft ein Nichtmuslim mit einer Muslimin, droht ihr die Auspeitschung, ihm die Todesstrafe. 1997 verurteilte ein Teheraner Gericht Hofer zum ersten Mal zum Tode. Über das Schicksal der Frau ist nichts bekannt. Ihr Name wird in der Presse mit Vahideh Q. angegeben. Sie soll Medizinstudentin sein.

Iranische Juristen zweifelten von Beginn an der Rechtskräftigkeit des Urteils. Denn nach iranischem Recht darf die Todesstrafe für Unzucht nur verhängt werden, wenn der Täter geständig ist oder aber vier männliche oder drei männliche und zwei weibliche Zeugen die Tat gesehen haben. Beides ist bei Hofer nicht der Fall.

Hofers Anwälte sollen den Justizbehörden inzwischen ein Dokument vorgelegt haben, das beweist, daß der Deutsche bereits vor zehn Jahren zum Islam konvertiert ist. Damals hatte Hofer eine in Deutschland lebende Türkin geheiratet. Die Ehe ist geschieden. Hofer soll sich inzwischen zum schiitischen Islam bekennen.

Es ist das zweite Mal, daß das Todesurteil gegen Hofer aufgehoben wird. Auf die erste Aufhebung folgte jedoch im letzten November ein erneutes Todesurteil. Hofer beschwerte sich vor kurzem in einem von der Welt veröffentlichten Brief an einen Freund, die Bundesregierung lasse ihn im Gefängnis „vermodern“. Er vermute, die iranische Führung wolle ihn gegen den in Berlin einsitzenden Mykonos-Attentäter, den Iraner Kazem Darabi, austauschen.

Beobachter in Teheran gehen davon aus, daß hinter den Kulissen heftig um das Schicksal Hofers gefeilscht wird. Es werde versucht, eine Lösung zu finden, bei der Iran nicht „das Gesicht verliert“. Zentrale Bedeutung könnte dem geplanten Iranbesuch von Kanzleramtsminister Bodo Hombach (SPD) in Teheran zukommen. Hombach will dem iranischen Präsidenten Mohammad Chatami eine Einladung von Bundeskanzler Gerhard Schröder nach Deutschland mitbringen – und sich für Hofer einsetzen. Offiziell lehnt die iranische Regierung jedoch jede Einmischung in den Fall ab. „Der Fall Hofer ist ein juristischer und kein politischer“, hatte der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Hamidresa Assefi, Anfang des Monats erklärt. Zur Hombach-Reise hieß es: „Wir dulden keinerlei Vorbedingungen in unserer Außenpolitik und speziell in unseren Beziehungen zu anderen Staaten.“ Zuvor hatte der deutsche Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye vor Journalisten erklärt, Hombach mache seine Reisepläne vom Schicksal Hofers abhängig.

Ein erneuter Prozeß gegen den Deutschen dürfte demnach Hombachs Pläne vorerst zunichte machen. Doch die Zeit drängt noch aus einem anderen Grund. Irans Präsident Chatami bricht nächsten Monat nach Europa auf. Seine bisher geplanten Stationen sind Rom, der Vatikan und Paris und – möglicherweise Deutschland. Sowohl Iran als auch Deutschland sind an einem solchen Besuch zur Verbesserung der nach dem Mykonos-Urteil frostig gewordenen Beziehungen stark interessiert.

So geben sich beide Seiten nach außen hin gelassen. Auf die Frage, ob Chatami Deutschland besuchen wolle, erklärte in der vergangenen Woche Irans Außenminister Kamal Charrasi: „Wenn das Einladungsschreiben von Bundeskanzler Gerhard Schröder eintrifft, dann wird Präsident Chatami auch einen Staatsbesuch in Deutschland in Betracht ziehen.“