Innenminister Otto Schily wärmt alte Ideen auf

■ PKK-Mitglieder werden nur abgeschoben, wenn die Türkei zusichert, sie nicht zu verfolgen

Berlin (taz) – Was machen mit Kurden, die in Deutschland Botschaften besetzen und Polizisten angreifen? Diese Frage wird morgen die Konferenz der Innen- und Justizminister von Bund und Ländern in Bonn beschäftigen. Die Minister stehen vor einem Dilemma: Zwar müßten die Teilnehmer der Krawalle nach dem Strafrecht abgeschoben werden, doch vielen Kurden drohen in der Türkei Folter und Todesstrafe.

Bei seiner gestrigen Regierungserklärung sagte auch Innenminister Otto Schily, Abschiebung in die Verfolgung sei „eines Rechtsstaats nicht würdig“. Schily will auf ein Verfahren setzen, das von seinem CDU-Vorgänger Manfred Kanther stammt. Neue Lösungen sind dem Schily nicht eingefallen. Vielleicht, weil daß das alte System gar nicht so schlecht funktioniert.

„Abschiebungen in die Türkei sind möglich“, sagt auch Michael Knaps, Sprecher im niedersächsischen Innenministerium. „Das hat die Vergangenheit gezeigt.“ 1998 hat Niedersachsen 212 Türken „kurdischer Volkszugehörigkeit“ in die Türkei abgeschoben. Bei 171 Kurden wurde der Asylantrag abgelehnt, in 41 Fällen gaben die Behörden einen strafrechtlichen Grund an. Nicht jede Straftat steht in Verbindung mit PKK-Aktionen. Gibt ein Verurteilter aber an, er gehöre zur PKK, wird dies überprüft. Erhärtet sich der Verdacht der PKK-Nähe, dann „fragen wir in der Türkei nach, ob die dortigen Behörden besondere Maßnahmen gegen diese Person ergreifen will“, sagt Knaps. Sprich: droht Folter oder Todesstrafe aus politischen Gründen?

Dieses sogenannte Konsultationsverfahren ist eine Idee des ehemaligen CDU-Innenministers Kanther. Seither prüft Deutschland jeden Einzelfall. Mit zweifelhaftem Erfolg: 27mal fragte Niedersachsen seit 1995 bei der Türkei nach. In nur 17 Fällen antworteten die türkischen Behörden und sicherten in 13 Fällen zu, den Abgeschobenen nicht verfolgen zu wollen. Doch nur vier Personen hernach abgeschoben. Bundesweit sollen es zwischen 20 bis 30 gewesen seim, schätzt das Bundesinnenministerium.

„Seit einem halben Jahr erhälten wir in Niedersachsen aber nur noch selten Antwort aus der Türkei“, sagt Knaps. Das anfangs „gut gelaufene“ Konsultationsverfahren ist ins Stocken geraten. In Berlin zum Beispiel hat es nie recht funktioniert. Dort wurde noch kein Kurde nach Erteilung der Sicherheitsgarantie durch die Türken abgeschoben. Das Dilemma bleibt. Till Ottlitz