Offener Brief

■ Bundesaußenminister Joschka Fischer

Lieber Joschka Fischer,

ich möchte an Sie persönlich appellieren, endlich eine aktive und friedensstiftende Rolle in bezug auf den Kurdenkonflikt in der Türkei zu spielen. Ich habe den Eindruck, daß die Bundesregierung ihre Verantwortung und auch ihre Möglichkeiten, die ihr insbesondere im Rahmen der EU-Präsidentschaft auferlegt sind bzw. eröffnet, geradezu in fahrlässiger Weise ignoriert und verspielt.

[...] Deutschland sollte seine Rolle in der Welt nach dem Fall der Mauer nicht mit „Säbelrasselpolitik“ (wie im Moment in bezug auf bevorstehenden militärischen Einsatz in Kosovo) suchen oder Weltmeister im Wegschauen (wie im Falle Chinas oder der Türkei) werden, sondern sich aktiv und hörbar für Menschenrechte einsetzen. Diese Rolle würde dem neuen Deutschland sehr gut stehen. Und dazu gehört, mit der türkischen Regierung und zugleich mit kurdischen Widerstandsbewegungen (und da meine ich nicht nur die PKK, sondern insbesondere demokratische Verbände) in einen Dialog zu treten, der letztendlich auf Friedensverhandlungen hinauslaufen könnte. Ich bin überzeugt, daß es auch in der Türkei starke Kräfte gibt, die endlich Frieden mit den KurdInnen schließen wollen. Diese demokratischen Kräfte sollte eine rot-grüne Regierung insbesondere stärken.

Bitte setzen Sie sich dafür ein, daß die Situation nicht noch mehr eskaliert und daß Öcalan einen rechtsstaatlichen Prozeß in der Türkei bekommt. Und das mindeste ist, daß Sie und Ihre EU-KollegInnen insistieren, daß eine Beobachtergruppe diesen Prozeß begleitet. [...] Hertha Schnurrer, Bradford/West, Yorkshire, Großbritannien