Hoppeln auf starkem Federbein

■ Der spezielle taz-Kulturtip: Anbetungswürdige Indoor-Trial-Heroes

Eineinhalb Jahre Maloche in der taz-Kulturredaktion. Und was bleibt? Wovon wird man später einmal mit grauem Haar den Enkeln berichten? Vielleicht von Kresniks Fidelio; oder von der Kunsthallen-Hamilton-Ausstellung; ganz sicher aber vom Hallenmotorradtrial, das am denkwürdigen 14.2.1998 in der Stadthalle stattfand. Wie unbändig war damals, im ersten Moment, das Entsetzen des noch unerfahrenen Trial-Novizen beim Anblick verfetteter, dümmlich grinsender Cheerleadergirls, die auf Baumarkt-Schrottbergen (Kanalrohren, Baumstämmen, monströsen Kabelrollen) in einer Art und Weise herumzappelten, die noch die gutmütigsten Feministen in unerbittliche Frauenverächter verwandeln.

Wie groß war dann aber die Bewunderung für die Balancekünste der jungen Bike-Akrobaten. Mit ihren zierlichen Enduro-Mutanten (Hub: 280ccm) hopsten sie auf drei Meter hohe Hindernisse, sprangen über Autokarossen, verklemmten das Vorderrad zwischen irgendwelchen Drahthindernissen, um sich mühevoll wieder freizuhoppeln. Das verdient mehr Achtung als jede Ballett-TänzerIn, jede TrapezkünstlerIn.

Am kommenden Samstag ist es wieder soweit: Sieben anspruchsvolle Hindernissektionen wird es diesmal geben. Baumstämme aus dem Bürgerpark, ein Wasserbecken, Holzpaletten und Gittergerüste. Ja, sogar neun nagelneue, schon verkaufte Gabelstapler werden den mit größter Geschicklichkeit gesteuerten Zweirädern anvertraut. Maximal 90 Sekunden hat jeder der acht Fahrer Zeit, um über den Parcours zu springen, rasen, stürzen. Mit superdoofer Bühnendeko (Begonienbeete!), bunten Discoscheinwerfern, nichtiger Discomusik (Scooter, Dj Bobo etc) und einer Moderation, die so dämlich ist („Jetzt müssen Sie helfen. Jaja, feuern Sie an“), das man sie zum Witz uminterpretieren kann, bietet diese Veranstaltung außerdem einige delikate Kostbarkeiten für alle Freunde des Skurrilen. Selbst einen ferngesteuerten Zeppelin haben die Veranstalter versprochen.

Patrioten werden aber wieder einmal leiden müssen. Die deutschen Vertreter liegen nämlich regelmäßig auf den hintersten Plätzen. Wer das deutsche Fußballdebakel in den USA mit einem Totalbesäufnis inklusive nachfolgendem Herzinfarkt bezahlen mußte, sollte sich fernhalten. Doch bei keinem anderen Sport ist das Scheitern so schön wie beim Trial. Da wird jeder Parcours zum abenteuerlichen Überlebenskampf. Auch der sympathische Deutsche Meister Andreas Lettenbichler wird beim drittletzten WM-Lauf wieder dabei sein. Obwohl der 24jährige Familienvater schon letztes Jahr gegenüber der taz vom Aufhören und Eintauchen ins „normale“ Berufsleben sprach.

Das muß wohl an der in Deutschland noch wenig erforschten sogenannten Trial-Sucht liegen. Den Weltmeistertitel werden aber die derzeit Führenden der WM-Wertung unter sich austragen: Doug Lampkin und Marc Colomer aus England bzw. Spanien – seit Einführung des Euro eigentlich auch patriotismusgeeignete Länder.

bk/Karen Gräper

Beginn heute abend um 19.30 Uhr in der Stadthalle; Eintritt 20-50 Mark, ermäßigt ab 13 Mark