Ermittlungen gegen Geheimdienst

■ In der Slowakei soll der Geheimdienstchef Krajci jahrelang politisch auf eigene Faust gehandelt und manipuliert haben

Berlin (taz) – Für die Getreuen des früheren slowakischen Premierministers Vladimir Mečiar brechen schwere Zeiten an: Am vergangenen Mittwoch stimmte das Parlament in Bratislawa mit 83 zu 52 Stimmen für die Aufhebung der Immunität des ehemaligen Innenministers Gustav Krajci. Damit können jetzt strafrechtliche Ermittlungen gegen Krajci eingeleitet werden.

Im wesentlichen beziehen sich die Vorwürfe gegen den Ex-Innenminister auf mögliche Manipulationen beim Referendum vom Mai 1997. Der Volksentscheid enthielt neben Fragen zur einer Mitgliedschaft der Slowakei in der Nato einen auf Initiative der damaligen Opposition eingefügten Passus, ob der Staatspräsident anstatt vom Parlament, vom Volk gewählt werden sollte.

Buchstäblich im letzten Moment veranlaßte Krajci, diese Frage wieder zu streichen. Obwohl weite Teile der Bevölkerung daraufhin das Referendum boykottierten, wurde es für gültig erklärt – trotz starker Kritik nicht zuletzt auch der westlichen Staaten.

Doch der ehemalige Innenminister ist nicht der einzige, dem jetzt ein Verfahren droht. Ebenfalls am Mittwoch veröffentlichte die Regierung einen Bericht über die Tätigkeit des slowakischen Geheimdienstes (SIS) in den Jahren 1995 bis 1997. Bereits am 12. Februar war der Bericht, den der jetzige Chef des Geheimdienstes, Vladimir Mitro in Auftrag gegeben hatte, den Parlamentsabgeordneten in einer geschlossenen Sitzung vorgestellt worden. In der vergangenen Woche hatten dann mehrere slowakische Tageszeitungen Auszüge des Reports veröffentlicht.

Der Bericht liest sich wie das Drehbuch zu einem Spionagethriller. So soll der SIS 1995 in die Entführung des Präsidentensohnes Kovac jr. verstrickt gewesen sein, mit dem Ziel, den damaligen Staatschef zu diskreditieren. Doch dieses Beispiel gehört noch zu den „harmloseren“ Aktionen des SIS.

Besonders schwer wiegen Vorwürfe an die Adresse des Geheimdienstes ob seiner Tätigkeit auf dem Territorium der tschechischen Republik. So soll der SIS mit verschiedenen Operationen versucht haben, rassistische Übergriffe anzuzetteln und so einen Streit über Tschechiens Beitritt zur Nato auszulösen und das Ansehen des Nachbarn beim Westen zu diskredietieren, schrieb die Tageszeitung Mlada Fronta dnes.

„Der Bericht zeigt, daß der SIS illegal handelte und dabei die gesetzliche Ordnung der Slowakei einschließlich der Verfassung komplett ignorierte“, sagte Premierminister Mikulas Dzurinda, der sich zur Aufgabe gemacht hat, mit den Hinterlassenschaften seines Vorgängers aufzuräumen. Erste Konsequenzen der Geheimdienstaffäre bekamen ehemalige Mitarbeiter bereits zu spüren. Anfang des Monats wurden zwei Ex- Offiziere, die beim Entführungsfall Kovac die Fäden gezogen haben sollen, verhaftet. Jetzt verlangen die Ermittlungsbehörden, auch die Immunität des ehemaligen Geheimdienstchefes Ivan Lexa aufzuheben, der jetzt für die oppositionelle Mečiar-Partei im Parlament sitzt. Der ist sich keiner Schuld bewußt. Die Geheimhaltung des Berichtes, so Lexa, sei der beste Beweis dafür, daß er nichts als Lügen enthalte. Barbara Oertel