Berliner Genossen stehen standhaft zur Mauer

■ Annäherungskurs der SPD-Bundesspitze an die PDS wird in der Hauptstadt abgeblockt

Der Bundesgeschäftsführer fordert es, der große Vorsitzende fordert es und die GenossInnen in Mecklenburg-Vorpommern wie in Sachsen-Anhalt praktizieren es längst – nur die Berliner GenossInnen bleiben standhaft. Eine Annäherung der Sozialdemokraten an die Partei des demokratischen Sozialismus darf und soll es in der Hauptstadt nicht geben.

„Die PDS ist in Berlin kein Partner für die PDS“, entschied Berlins SPD-Vorsitzender Peter Strieder gestern kurz und bündig. Während die SPD-Führung am Wochenende den Anstoß zu einer PDS- Diskussion neuen Typs gegeben hat und die Aufhebung der „Dresdner Erklärung“ aus dem Jahr 94 über eine Nicht-Zusammenarbeit von SPD und PDS forderte, halten die hauptstädtischen GenossInnen sieben Monate vor der Abgeordnetenhauswahl an ihrer Abgrenzung fest.

„Bei den anstehenden Landtagswahlen entscheiden die Landesverbände der SPD selbständig über Koalitionsaussagen und mögliche Regierungsbeteiligungen“, so formulierte Strieder seine Abfuhr an Bonn. „Wir werden keine Koalition oder Tolerierung durch die PDS eingehen.“

Die Berliner Parteiführung verweist in ihrer Haltung auf die besondere Lage Berlins. Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen- Anhalt seien keine Modelle für Berlin. Denn, so Strieder: „In Berlin stand die Mauer“. Weitere Ausführungen, welche politischen Schlüsse aus diesem unbestreitbaren Faktum zu ziehen seien, ließ der Parteichef offen. Er hielt jedoch Befürwortern einer Zusammenarbeit mit der PDS in der Parteiführung „fehlende Kenntnis der Lage in Ostdeutschland“ vor.

Im gleichen Ton bezog auch der Berliner SPD-Spitzenkandidat Walter Momper Stellung. Berlin sei die Stadt des Mauerbaus und dies könnten die Berliner nicht vergessen. Die SPD-Landesverbände müßten ihre Haltung zur PDS nach den „örtlichen Gegebenheiten“ entscheiden. Deshalb erwarte er eine „Vielfalt“ der verschiedenen Verhältnisse zur PDS auf Länderebene, was der Partei bestimmt nicht schade. Auf Bundesebene stelle sich die Frage aufgrund der gegebenen Mehrheitsverhältnisse ohnehin nicht. Im Gegensatz zu Strieder ließ Momper jedoch Gelassenheit durchblicken. Es sei „nicht furchtbar aufregend“, wenn Schreiner die Dresdner Erklärung für überholt halte. Das sei angesichts von Schwerin und Magdeburg eben Realität.

In der nach wie vor politisch geteilten Stadt Berlin scheinen die Verhältnisse derzeit ohnehin geklärt. Bei seiner Wahl zum Spitzenkandidaten im Januar hatte Momper bereits jegliche Zusammenarbeit mit der PDS in Berlin ausgeschlossen, ebenso wie die restliche Führungsriege der GenossInnen. Vor zehn Tagen nun faßten auch die Berliner Bündnisgrünen einen zwar umwegreich formulierten aber doch eindeutigen Beschluß gegen eine Tolerierung einer rot-grünen Minderheitsregierung in der Stadt.

Einzig die CDU malt nun noch sozialistische Schreckensbilder einer PDS-tolerierten Minderheitsregierung von SPD und Grünen. Selbst die PDS bietet nur distanzierte Unterstützung an. Die Mehrheitsverhältnisse lassen nach derzeitigen Umfrageergebnissen noch keine realistische Prognose zu, für Rot-Grün allerdings könnte es knapp werden. Barbara Junge