Großbäckereien backen große Brötchen

■ Am liebsten essen die Deutschen fremde Weißbrotsorten. Sehr zur Freude der Großbäckereien, die wachsen und kräftig fusionieren

Berlin (taz/dpa) – Vier Scheiben Brot und ein Brötchen essen Deutsche täglich. Selbstverständlich nur im Durchschnitt, so wie sie jährlich durchschnittlich 84,5 Kilogramm Brot verzehren. Laut dem Verband Deutscher Großbäckereien ist das Land damit fast Spitzenreiter in Europa. Nur die Russen essen mit 140 Kilogramm Brot im Jahr noch mehr.

Dabei hat es das Weißbrot den Deutschen besonders angetan. Neben Baguettes und Ciabatta-Broten seien vor allem amerikanische Sandwich- und Toastbrote gefragt, sagte der Verbandsvorsitzende Lothar Mainz gestern. Auch tiefgekühlte Frühstücksprodukte wie Brötchen und Croissants sowie Snacks sorgten für erhebliche Umsatzzuwächse. „Immer mehr Leute verzehren ihr Frühstück nicht mehr zu Hause“, sagte Heiner Kamps, Vorsitzender der Fachgruppe Filial-Großbäckereien.

1998 erzielten die Großbäckereien – wie im Vorjahr – einen Gesamtumsatz von 26 Milliarden Mark und haben zusammen 6,4 Millionen Tonnen produziert. Der Marktanteil der Großbetriebe betrug mengenmäßig 66 Prozent. Und die Konzentration in der Branche geht weiter. „In fünf Jahren wird die Zahl der backenden Handwerksbetriebe nur noch 12.000 bis 15.000 betragen“, sagte Kamps. Noch sind es 18.600 Firmen in Deutschland.

Zum Schwund trägt vor allem Kamps bei. Als Vorstandsvorsitzender der Kamps AG hat er seine Großbäckerei im April 1998 an die Börse geführt. Zunächst als Brötchenaktie verlacht, überzeugte Kamps die Anleger schnell von seinen Gewinnaussichten. Innerhalb eines Jahres hat Kamps seine Filialzahl verdoppelt und Bäckereien eingekauft. Allein im vergangenen Jahr übernahm er die Bäckereien Ostrowski, Thoben Kuchen und Klems. Zu seinem Backimperium gehören außerdem Nur Hier, Stefansbäck und Lecker-Bäcker. Damit ist Kamps in allen Teilen Westdeutschlands, insbesondere in den Großstädten, gut vertreten. Filialen in Ostdeutschland hat er dagegen geschlossen, um sich auf sein Kerngebiet im Westen zu konzentrieren.

Die Anleger und Analysten dankten es ihm. Der Aktienkurs hat sich in kurzer Zeit verdoppelt und steigt weiter. 1998 setzte Kamps mit Brot und Brötchen 438 Millionen Mark um. Nach eigenen Angaben hält er derzeit einen Marktanteil von 2,6 Prozent, zehn Prozent strebt er an. Ermöglicht wird ihm die Ausbreitung durch den anstehenden Generationswechsel in vielen backenden Betrieben. „Kamps kauft vor allem die kleinen Filialen, die als Familienbetriebe nach dem Krieg aufgebaut wurden, aber nun keinen Nachfolger für die Führung finden“, sagt ein Aktienanalyst. ufo