Die ersten Frauentage in Bremen

■ Der erste „8. März“ fand in Bremen im Jahre 1911 und „in Begleitung einiger Männer “ statt: Über die Anfänge der „Frauentags“-Tradition in Bremen – friedlich und ohne Regenschirme!

Die Änfänge des Frauentages in Bremen gehen zurück bis auf den 19. März 1911. Es war ein schöner warmer Frühlingstag, die Bremer Bürgerinnen und Bürger flanierten. Plötzlich ertönten Arbeiterlieder und Hochrufe auf das Frauenwahlrecht. Eine Gruppe von etwa 200 Frauen und Mädchen in Begleitung einiger Männer ging von der Bremerhavener Straße zum Markt. Mancher Bremer Bürger war entsetzt. Wir hören etwa: Sie sollten zum Strümpfestopfen zu Hause bleiben! Der Spießer konnte es kaum glauben: Bremerinnen begingen mit dieser kleinen Demonstration den ersten Internationalen Frauentag in Bremen.

Was war passiert, daß Bürgerinnen und Arbeiterinnen in Bremen für die Frauenrechte auf die Straße gingen?

Auf der zweiten Internationalen Frauenkonferenz der Sozialistinnen 1910 in Kopenhagen hatten etwa 100 Frauen aus 17 Nationen beschlossen, alljährlich einen Internationalen Frauentag zu veranstalten. Erst 1921 wurde der 8. März als einheitliches Datum festgelegt.

Der erste Frauentag wurde in Deutschland, Österreich und einigen anderen europäischen Ländern am 19. März 1911 begangen. Im damaligen Deutschen Reich wurden vor dem 1. Frauentag eine Million Flugblätter, die für das Frauenwahlrecht aufriefen, verteilt. Die russische Feministin und Revolutionärin Alexandra Kollontai (siehe unten), die damals in Deutschland im Exil lebte, schrieb darüber:

„Er übertraf alle Erwartungen. Deutschland und Österreich waren ein kochendes, bebendes Meer von Frauen. Überall wurden Treffen organisiert, in kleinen Städten und sogar in Dörfern. Die Veranstaltungssäle waren so voll, daß Männer gebeten werden mußten, ihren Platz für Frauen zu räumen.

Während der größten Straßendemonstration, an der 30.000 teilnahmen, entschied die Polizei, die Demonstrationsfahnen einzuziehen, aber die Arbeiterinnen ließen das nicht zu. „In der darauf folgenden Balgerei wurde ein Blutbad nur verhindert durch die Hilfe eines Abgeordneten der Sozialdemokratischen Partei.“

Kehren wir zu unserem friedlichen Bremen zurück. Hier fanden im „Casino“ und in der Turnhalle an der Bremerhavener Straße zwei „öffentliche Frauenversammlungen“ statt, auf denen das Frauenwahlrecht gefordert wurde. Wir können uns vorstellen, welches Erstaunen es auf Bremens Straßen hervorrief, als sich der kleine Demonstrationszug in Richtung Markt in Bewegung setzte. Die Bremer Bürger-Zeitung, der Sozialdemokratie nahestehend, schrieb am 20. März: „Unsere Frauen sind keine englischen Suffragetten, sie haben keine Minister mit Schirmen verprügelt, derweil wir keine Minister haben, und weil unsere Kämp-ferinnen in Anbetracht des schönen Frühlingswetters keine Schirme mitgenommen hatten.“ Man kann daraus erkennen, wie zurückhaltend unsere Groß- und Urgroßmütter waren – aber immerhin, ein Anfang war gemacht.

Bereits am 12. Mai 1912 fanden in Bremen drei große Versammlungen statt. Rednerin war unter anderen auch die berühmte Alexandra Kollontai aus Berlin. Auch an diesem zweiten Frauentag in Bremen wurde für das Frauenwahlrecht auf Bremens Straßen demonstriert.

Dazu aus einem Bremer Polizeibericht: „300 sozialdemokratische Frauen demonstrieren um 15.15 Uhr mit ca. 20 Kindern und circa 10 bis 15 Männern vom Markt zum Domshof. Es sind Hochrufe auf das Frauenwahlrecht zu hören. Mitten auf dem Domshof versuchte ein Mann, eine Rede zu halten, wurde gehindert, die Menge wurde aufgefordert auseinanderzugehen, Personalien konnten nicht ermittelt werden.“

Die Bremer Bürger- Zeitung schreibt am 13. Mai 1912: „Die Demonstration ist (...) fast überall würdig und ruhig verlaufen. Polizei war überall in Massen aufgeboten – auch gegen die Frauen!“ Am Vorabend des Ersten Weltkrieges berichtete die Bremer Bürger-Zeitung über den erfolgreichsten Frauentag am 10. März 1914. Der damalige Polizeibericht spricht von etwa 2.000 Personen, meist Frauen, die an der Demonstration teilnahmen.

Die Polizei löste die Demonstration auf und verhaftete fünf Menschen. I.Kilian /B.Lück