Dumpinglöhne wie im Speckgürtel

■ Bus- und Bahnfahrer protestierten vor der BSAG für Tarifabschluß. Die Verhandlungen dauern noch an

Wer zu Bremens Frühaufstehern gehört – die Postboten, die Krankenschwestern, die Bäcker – stand sich am gestrigen Montag früh die schlotternden Beine in den Bauch. Zwischen vier Uhr und sieben Uhr standen Busse und Bahnen in Bremen still, weil der starke Arm der ÖTV es so will. Mit ihrer Aktion wollten die rund 900 warnstreikenden Bus-und Bahnfahrer der Gewerkschafts-Forderung nach einer Lohn- und Gehaltserhöhung von 5,5 Prozent Nachdruck verleihen.

„Es hat wahrhaftig alles stillgestanden“, sagte gestern ein Gewerkschaftssprecher. Viele Berufstätige hätten für den Weg in die Firma das Auto benutzen müssen. Nach Angaben der Polizei kam es aber nicht zu Verkehrsproblemen auf Bremens Straßen.

Gegen Mittag standen anschließend nochmals etwa 250 Bus- und Bahnfahrer protestierend vor dem Verwaltungsgebäude der Bremer Straßenbahn AG (BSAG), um mit Warnstreiks dort Druck zu machen, wo hinter den verschlossenen Türen des Hauptgebäudes gerade die vierte Runde der Tarifverhandlungen lief.

Die Tarifpartner verhandeln derzeit um einen neuen Haustarif für die insgesamt rund 2.500 Beschäftigten der BSAG und der Delmenhorster Delbus GmbH. Die Arbeitgeber bieten eine Erhöhung ab 1. April von 2,5 Prozent und eine Einmalzahlung von 200 Mark. Nach Ansicht der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) ist dies bislang kein akzeptables Angebot.

Jürgen Humer, Gewerkschaftssekretär bei der Bremer ÖTV betonte, daß vor allem die von den Arbeitgebern geplante Absenkung des Brutto-Lohnes für Neuangestellte für Unruhe sorge. Der Stundenlohn für die frisch eingestellten Bahner solle um 22 Prozent niedriger ausfallen als der Lohn ihrer dienstälteren Kollegen. Zeitliche Begrenzung der Maßnahme: keine. „Damit würden wir uns den ruinösen Stundenlöhnen im privaten Bereich annähern“, so Humer, der als ÖTV-Sekretär für den Bremer Speckgürtel tätig ist: „Bei der Firma Wolters wird inzwischen für 16.64 Mark brutto in der Stunde gearbeitet.“

Zu Redaktionsschluß dauerten die Tarif-Verhandlungen noch an. Ein BSAG-Sprecher rechnete für den gestrigen Montag jedoch nicht mehr mit einer Einigung. Und aus der ÖTV hieß es gegen 15 Uhr: „Die Arbeitgeber haben kein verbessertes Angebot vorgelegt“.

dpa/ritz