Bosnische Serben gehen auf Konfrontation

■ Parlament lehnt neutralen Status von Brcko und Amtsenthebung von Präsident Poplašen ab. Zusammenarbeit mit Föderation ausgesetzt. Ex-Premier Dodik will Rücktritt überdenken

Banja Luka (AP/dpa) – Die bosnischen Serben gehen auf einen klaren Konfrontationskurs gegen den internationalen Bosnien-Beauftragten Carlos Westendorp. Mit großer Mehrheit wies ihr Parlament in Banja Luka die von Westendorp ausgesprochene Entlassung des gewählten bosnisch- serbischen Präsidenten Nikola Poplašen und die Entscheidung über den künftigen neutralen Status der Stadt Brčko zurück. Die Mitarbeit in gemeinsamen Institutionen der drei Volksgruppen in Bosnien-Herzegowina wurde auf Eis gelegt.

Bei der Dringlichkeitssitzung des Parlaments wurde deutlich, daß sich radikale und gemäßigte Serben im Kampf gegen die ihrer Ansicht nach ungerechten Brčko- Entscheidungen weitgehend einig sind. Mit 62 gegen 16 Stimmen wurde am späten Sonntag abend eine Resolution verabschiedet, die sich vehement gegen die Unterstellung der bislang serbisch kontrollierten Stadt unter gemeinsame muslimische, kroatische und serbische Verwaltung ausspricht. Dies sei ungerecht und verstoße gegen das Abkommen von Dayton.

Mit 57 gegen 15 Stimmen erklärte das Parlament, daß Poplašens Entlassung gegen die Verfassung verstoße „und deswegen nicht akzeptiert wird“. Poplašen sagte, die Brčko-Entscheidung annulliere sogar das Friedensabkommen von Dayton.

Das Parlament in Banja Luka wies in seiner Resolution alle serbischen Politiker an, die Zusammenarbeit mit den Bundesinstitutionen Bosniens bis zur Aufhebung der Brčko-Entscheidung einzustellen. Es forderte ferner eine Dringlichkeitssitzung der Balkan-Kontaktgruppe.

Der als moderat geltende Politiker Milorad Dodik, der aus Protest gegen den Brčko-Entscheid am Freitag als Ministerpräsident zurücktrat, erklärte gestern, er würde den Rücktritt überdenken. Er und seine Kollegen hätten es angesichts der Unterstellung von Brčko unter die gemeinsame Kontrolle aller Bevölkerungsgruppen für ihre moralische Pflicht gehalten, ihre Ämter zur Verfügung zu stellen.

Westendorp lehnte die Forderungen des Parlaments nach einer Revision der Entscheidung über die Neutralität Brčkos ab. Diese sei „bindend und endgültig“, sagte ein Sprecher Westendorps gestern. Er wies auch die Forderungen nach einer Sondersitzung der internationalen Kontaktgruppe zurück. Der Spruch der Schiedskommission entspreche klar den Regelungen des Dayton-Vertrages. Westendorp bleibe auch bei der Amtsenthebung des Serbenpräsidenten Poplašen. Wenn dieser sich seiner Entlassung weiter widersetze, gebe es Möglichkeiten bis hin zur Anwendung von Gewalt. Der Sprecher sagte aber: „In dieser Phase haben wir kein Interesse an Maßnahmen, die die Lage weiter anheizen.“