Der Hickhack um das Wasser

■ Großbritanniens Versuch, die Wasserrahmenrichtlinie während der britischen EU-Präsidentschaft aufzuweichen, wurde knapp verhindert

Bonn (taz) – Der jetzt vorliegende Entwurf einer Wasserrahmenrichtlinie geht auf eine Anhörung im Jahr 1995 zurück, an der auch die EU-Kommission beteiligt war. Der erste Entwurf vom Februar 1997 zielte noch darauf ab, innerhalb von zehn Jahren hohe ökologische Qualität für Flüsse, Seen, Küstengewässer und Grundwasser zu erreichen und damit die Detailrichtlinien für Trinkwasser und Fische überflüssig zu machen. Im Februar 1995 verabschiedete der Rat eine Entschließung zum Grundwasserschutz, die die „besondere Bedeutung des Grundwassers als wesentlicher Bestandteil des Wasserkreislaufs und der Ökosysteme sowie als eine der wichtigsten Ressourcen der Trinkwasserversorgung“ betont.

In der ersten Jahreshälfte 1998 beschäftigte sich der Rat unter britischer Präsidentschaft mit dem Kommissionsentwurf zur Wasserrahmenrichtlinie und veränderte ihn grundlegend. Zahlreiche nationale Interessen flossen ein, das Schutzniveau wurde drastisch gesenkt, der Zeitrahmen großzügig erweitert. Im Juni 1998 verabschiedete der Umweltministerrat eine vorläufige politische Einigung, die den Kompromiß spiegelte. Der ordentliche Verfahrensweg wurde umgangen: Das Parlament hatte zu diesem Zeitpunkt noch keine Stellungnahme abgegeben.

Einen Monat später verpflichteten sich 12 der 15 EU-Staaten und die EU-Kommission im Ospar-Abkommen darauf, „die Verschmutzung des Meeresgebietes durch ständige Reduktion der Schadstoffeinleitung zu verringern, mit dem Endziel, in der Umwelt Konzentrationen zu erreichen, die sich dem natürlichen Vorkommen dieser Substanzen in der Umwelt annähern“. Dieses Ziel sollte bis zum Jahr 2020 erreicht sein. Im selben Monat drängten die Engländer darauf, die aufgeweichte Wasserrahmenrichtlinie in erster Lesung ins Parlament zu bringen. Wäre das gelungen, hätte das gesamte Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen werden können, bevor der Amsterdamer Vertrag in Kraft tritt. Tatsächlich aber gelang es den Grünen, Liberalen und Christdemokraten gegen den Widerstand der englischen Sozialisten, die erste Lesung bis Februar dieses Jahres hinauszuzögern.

122 Änderungsanträge fanden in der ersten Lesung eine parlamentarische Mehrheit. Unter anderem wurden radioaktive Stoffe und endokrine Substanzen der Liste wasserschädigender Immissionen zugefügt, Ausnahmeregelungen eingeschränkt und der Zeitplan für die Reduktion umweltschädigender Stoffe verkürzt. Daniela Weingärtner