Getrübte Erinnerungen

■ Zehn Jahre Stattbau: Kein Geschenk vom Bausenator

Das erhoffte Geburtstagsgeschenk blieb Reiner Schendel gestern versagt. So sehr hatte sich der Stattbau-Geschäftsführer zum zehnjährigen Bestehen des alternativen Sanierungsträgers gewünscht, Staatsrat Knut Gustafsson möge feierlich ein „Regelwerk zur Förderung von Wohnprojekten“ der Baubehörde überreichen. Doch die Leitlinien, die die Genehmigung von Wohnprojekten erheblich beschleunigen und ihr den Anschein von Willkür nehmen könnten – bisher wird über jedes Projekt einzeln entschieden – lassen weiterhin auf sich warten.

Statt dessen gab's lauwarme, staatsrätliche Worte. Hamburg habe „die Gesellschaft im Wandel“ erkannt und wolle deshalb „die neuen Lebensformen jenseits von Vater-Mutter-Kind-Wohnungen“ fördern. Im Haushaltsentwurf der Baubehörde für 1996, über den gestern im Ausschuß beraten wurde, sind 5 100 Sozialbauwohnungen und eine Bürgschaft von 20 Millionen für Wohnprojekte vorgesehen, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Eine Quote für die Förderung von Wohnprojekten gibt es nicht. Seit 1991 erhielten jährlich 40 bis 80 Wohnprojekte städtische Unterstützung, was einem Prozent des Wohnungsbauprogramms des Senats entspricht. „Bevor wir ein Regelwerk aufstellen, müssen wir Erfahrungen mit dem jüngst eingeführten 1. bis 5. Förderungsweg sammeln, an dem es sich orientieren wird“, will Gustafsson Zeit schinden.

Bausenator Eugen Wagner hatte im November 1994 großspurig erklärt, ein Programm zur Förderung genossenschaftlicher Wohnprojekte sei auf dem Weg. Wahrscheinlich hat es sich zwischenzeitlich verirrt. Knut Gustafsson kann sich „an diese Zusage des Präses nicht erinnern“. Leitlinien seien unnötig, „weil sie bei der Gruppenvielfalt viele Projekte ungewollt herausdefinieren würden.“ Wichtig sei aber, flexibel entscheiden zu können. Der Staatsrat kann sich eine übergeordnete Genossenschaft vorstellen, die die einzelnen Kleingenossenschaften berät.

Herbert Brinkmann, Mitbegründer von Stattbau, plädiert hingegen vehement für ein Regelwerk: Artikulationsschwache Gruppen würden sonst benachteiligt. Die derzeit aufgrund der langwierigen Genehmigungswege nötige Ausdauer – bis zu fünf Jahren Wartezeit zwischen Antrag und Einzug – sei nicht zumutbar. „Und sobald auch nur ein Projekt in finanzielle Schwierigkeiten kommt, rechne ich mit erheblicher Kritik von Menschen, die dann die gesamte Konzeption in Frage stellen.“

Heike Haarhoff