Höhere Strafen für Zuhälter und Menschenhändler

■ Italien verschärft seine Strafgesetze. Vorbild sind die Anti-Mafia-Gesetze. Kinderarbeit soll als „Sklaverei“ verfolgt werden. Die Regierung will Frauen überzeugen

Rom (taz) – Mit einer Reihe von Gesetzen will Italien den Schutz ausgebeuteter Frauen und Kinder wesentlich verbessern. Die zunehmende Menschenschleppertätigkeit skrupelloser Banden, die immer weiter ausufernde Ausbeutung von Kindern zur Arbeit und Prostitution sowie die Bandenkriege von Zuhälterringen scheinen der Regierung DAlema – die hierbei auf einen starken Rückhalt auch oppositioneller Politiker, vor allem Politikerinnen, zählen kann – so bedrohlich, daß sie im nun vorgelegten Gesetzentwurf überaus drakonische Strafen vorsieht.

So werden künftig Schleuser ebenso wie Zuhälterringe oder Gruppen, die Immigranten oder Immigrantinnen illegal „vermitteln“ (zu welcher Tätigkeit auch immer), nach dem Anti-Mafia-Gesetz behandelt. Das bedeutet nicht nur die Möglichkeit besserer Ermittlungen mit Hilfe von Lauschangriffen, sondern auch einen massiv erhöhten Strafrahmen: Er reicht künftig von mindestens fünf bis zu fünfzehn Jahren alleine bei Mitgliedschaft. Für Rädelsführer und bei Anwendung physischer oder psychischer Gewalt können noch höhere Strafen verhängt werden.

Ausbeutung von Kinderarbeit soll künftig obligatorischerweise nach dem Gesetz „über die Versklavung von Menschen“ behandelt werden, das ebenfalls Strafen von fünf Jahren aufwärts vorsieht. Mit der Anwendung des Anti-Mafia-Gesetzes können die Ausgebeuteten künftig in ausgedehnte Zeugenschutzprogramme aufgenommen werden, die sogar ihre Familienmitglieder einschließen. Mit neuer Identität und einem auskömmlichen monatlichen Versorgungsscheck können sie ohne Angst vor Repressalien vor Gericht erscheinen; anschließend erhalten sie Daueraufenthaltsrechte.

Schluß wäre damit mit der idiotischen Praxis, daß man die Ausgebeuteten, die ja überwiegend illegal eingeschleust wurden, sofort des Landes verweist – und somit die Zeugen, die man für den Prozeß gegen die Zuhälter bräuchte, nicht mehr zur Verfügung hat.

Mit diesen Schutzmaßnahmen treiben Italiens Gesetzgeber die Modernisierung ihres Strafrechts insbesondere im Hinblick auf Frauen und Kinder voran, nachdem bereits in den vergangenen Jahren das Sexualstrafrecht entscheidend verändert wurde: Zur vollendeten Vergewaltigung ist nicht mehr die früher „obligatorische“ Penetration notwendig, es reicht bereits der Zwang zu sexuellen Handlungen wie Befingern oder Streicheln. Auch im Eherecht wurde die Vergewaltigung als klagbares Delikt eingeführt.

Die Regierung DAlema sucht sich mit diesen Novellierungen freilich auch ein wenig instrumentalisierend beim weiblichen Wählervolk einzuschmeicheln, wo die Quoten in den letzten Jahren eher geschrumpft sind. Allerdings treffen keineswegs alle Maßnahmen auf diesem Gebiet auf so breite Zustimmung wie beim Schutzrecht und in Sachen Vergewaltigung. Der soeben verkündete Plan, den gleichberechtigten (d.h. quotierten) Zugang der Frauen zu öffentlichen Ämtern und in der Politik zum Verfassungsrang zu erheben, hat eine Reihe von Feministinnen bereits auf die Barrikaden getrieben, weil sie – wie auch in anderen Ländern – keinen Schutzraum für Frauen wollen, sondern die Anerkennung ihrer Leistungen. Werner Raith