„Lafontaines Schlußsatz – das war ja fast Lyrik“

■ Der Mann, der Oskar Lafontaine vors Mikro bekam: Norbert Klein, ARD-Korrespondent des Saarländischen Rundfunks, über den legendären Auftritt des letzten wahren Sozialdemokraten

taz: Sie sind der Mensch, der Oskar Lafontaine als letzter lebend gesehen hat. Wie war das denn so?

Norbert Klein: Ich fand das ziemlich spannend. Eines ist bei dem Interview klar geworden: Es gibt offensichtlich auch ein Leben nach der Politik.

Wirklich?

Das mag man bei einem solchen Vollblutprofi eigentlich gar nicht annehmen. Lafontaine hat früher ja richtig Macht ausgeströmt. Aber am Sonntag ist mir klar geworden: Der ist jetzt Privatmann. Lafontaine hat mit seiner politischen Vergangenheit abgeschlossen – mit allen emotionalen Rührungen.

Sie hatten die schöne Aufgabe, drei Tage lang über nichts anderes als das große Schweigen zu berichten. Sind Sie sauer auf Lafontaine?

Nein, eigentlich nicht. Man hat die Umstände ja mitbekommen, und daß Lafontaine menschliche Regungen zeigt, das müssen wir als Journalisten zulassen. Ist doch eigentlich gut, daß ein Politiker das auch einmal macht. Ich habe mit meinem Handy ständig versucht, ihn anzurufen. Leider war immer nur der Anrufbeantworter zu hören. Sonntag morgen war ich dann total überrascht, als Lafontaine plötzlich selbst am Telefon war.

Was hat er gesagt?

Hallo.

Und dann?

Dann haben wir ganz normal das Interview verabredet, als wenn diese dramatischen Umstände gar nicht gewesen wären. Er fragte, wann wir uns denn sehen könnten. Ich schlug 12 Uhr vor. Ich mußte mir ja schließlich noch ein Kamerateam besorgen.

Wie wirkte Lafontaine in diesem Moment am Telefon?

Er war so, wie ich ihn kenne. Er wirkte aufgeräumt, ganz relaxed.

Was dachten Sie, als Sie Lafontaine vor dem Mikro hatten? Das ist eine historische Stunde?

Ganz klar. Auf seine Rücktrittsbegründung wartete ja die ganze Republik. Alle haben im Nebel gestochert. Es gab Gerüchte, aber die authentischen Auskünfte hatte es bis dahin nicht gegeben. Das Interview war etwas ganz Besonderes.

Viele Fragen konnten Sie ja nicht stellen.

Nach seinem Verhältnis zu Schröder, zum Kapitän, habe ich noch mal nachgefragt. Da sagte er, er wolle nicht nachtreten. Obwohl er ja deutliche Worte gefunden hat, wie er die Performance der Bundesregierung findet. Und als er dann, das muß ich offen sagen, die Schlußworte gesagt hat, „das Herz schlägt links“ – das war ein richtiger, echter Lafontaine. Der kann einfach toll formulieren. Das war ja fast Lyrik. Er war selber auch bewegt und wollte dann nichts mehr sagen. Interview: Jutta Wagemann