Aus der DDR rübergeheiratet

■ Eigentlich sollte es um Scheinehen zwischen DDR und BRD gehen. Aber dann hatten die Filmemacher noch eine Idee („Seitensprünge“, 23 Uhr, N 3)

Liebe läßt sich nicht beweisen. (Naturgemäß nicht.) Das macht die Liebe so praktisch. Daniela beispielsweise liebte Peter nicht, Veronika nicht Markus, Catarina nicht Adrian und umgekehrt. Geheiratet haben sie trotzdem. In der DDR, wegen der DDR und wider sie. Weil Menschen im Osten partout in den Westen wollten – und (naturgemäß) eben auch die Liebesbeweise der Stasi zu wünschen übrig ließen.

Die Scheinehe ist alles andere als ein liebloses Thema: In ihr vermählen sich Illegalität und Bürgerlichkeit, List und Tücke, Gesetz und Lücke. Und auch wenn die Beschränkung auf die deutsch-deutsche Variante vielleicht ein wenig gestrig erscheint, bleibt so ein merkwürdiger Ehespuk nun mal irgendwem irgendwo in den Lebens- und Erlebnislauf geschnitzt. Die (be)trügerische Trauscheinheiligkeit müßte – wie das beredte Herz in der Baumstammrinde – auch Jahre später noch ausfindig zu machen sein.

Um so merkwürdiger ist es daher, daß der Dokumentarfilm „Seitensprünge“ sich so bemüht und dilettantisch ausnimmt: Schon der Titel klingt (sobald man anfängt, hinter dem Wortspiel auch den Doppelsinn zu suchen), als hätten die Dokumentaristen Cornelia Klauß und Gunter Hanfgarn ihr Brainstorming – „Ja, das isses!!“ – etwas vorschnell für beendet erklärt.

Warum sind es zudem augenscheinlich nur Frauen, die sich rüberheiraten ließen? Und Frauen um die 30? Warum können in einem Pressetext Sätze stehen wie dieser: „Bei ihren Treffen und dem Inszenieren ihrer Beziehung fühlten sie sich oft sogar an Kaffeehaustischen von anderen Gästen beobachtet, man wurde auch unruhig, wenn man spürte, daß jemand in der Abwesenheit in Catarinas Wohnung gewesen war“? Und weshalb, anders gefragt, gelingt es selbst solch einem Pressetext, die Biographien und Komplikationen der Scheinpaare zusammenzufassen, wenn sie der Film selbst kaum vermitteln kann?

Vielleicht hätten die Autoren ihre Interviewpartner auch einfach nur ausreden lassen sollen, statt sie ungelenk und unablässig mit allerlei DDR-Filmschnipseln zu unterbrechen. Einsilbig waren die Jasager – bzw. Neinsager – schließlich schon auf dem Standesamt. Christoph Schultheis