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Unser Uwe heißt Marco

■ Die halbe Liga hat mit dem Geldsack gewunken – doch Marco Bode bleibt bei Werder Bremen. Es war eine reine „Herzensentscheidung“, beteuert der Kicker.

Daß wir Fußballromantiker sowas noch erleben dürfen: Da ist die halbe Bundesliga hinter einem Spieler her, da wird mit dem Geldsack gewunken, daß dem gemeinen Kicker schwindlig wird – doch der derart Umworbene bleibt seßhaft. Seit Mittwoch nachmittag ist es amtlich, seit gestern öffentlich: Marco Bode bleibt bei Werder, die Headhunter von Hertha bis Bayern haben ihn trotz aller Millionenofferten nicht zum Gehen bewegen können. Denn letztlich hat die Macht der Gefühle über den Kribbel im Portemonnaie obsiegt. „Sicherlich wäre ein Wechsel lukrativer gewesen“, sagte Bode gestern. „Aber es war eine Herzensentscheidung.“ Sowas hat man seit Seeler nicht mehr gehört. Bode ist auf dem besten Weg zur Ikonisierung: Uns Uwe heißt Marco.

Zumindest bis zum 30. Juli 2001. Bis dahin läuft nämlich Bodes neuer Vertrag. „Ohne Ausstiegsklausel“, grinste er in Richtung Willi Lemke. Den Transferrummel der letzten Wochen wollen alle Beteiligten so schnell nicht wieder erleben. Und dann? „Dann werden wir sehen. Ich wollte mich nicht so lange binden. Ist ja auch besser für den Verein. Vielleicht spiele ich dann deutlich schlechter, daß sie einen anderen haben wollen.“ Wieviel Werder auf Bodes Salair draufsatteln mußte, darüber gab's selbstredend keine Auskunft. Daß der Verein aber tief in die Tasche greifen mußte, um den Nationalkicker zu halten, darf getrost angenommen werden. „Das war sicher ein Kraftakt“, sagte Lemke. Allerdings einer, der den Grün-Weißen seit Mitte letzter Woche leichter gefallen ist als zuvor. Werder darf nach dem Sieg im Pokal-Halbfinale gegen Wolfsburg in der nächsten Saison an den Fleischtöpfen des UEFA-Cups naschen, was erstens den sportiven und zweitens den finanziellen Anreiz für Bode erhöht hat.

Aber um Geld – siehe oben – ist es für den Kicker am Ende gar nicht gegangen. „Mir liegen die Stadt und der Verein am Herzen, ich habe hier viele Freunde. Das alles wollte ich nicht ohne Not aufgeben.“ Zumal Herzenswunsch Nummer zwei, irgendwann mal im Ausland zu spielen, sich konkret als nicht gar so attraktiv herausstellte. „In England gab es nicht so viele Alternativen wie erhofft.“ Konkret: nur eine, die Bode freilich nicht verraten wollte, dafür aber der Manager des Vereins. Leeds United wollte den Bremer auf die Insel locken – und Leeds ist nicht gerade der Ort, der beim Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ ganz weit vorne liegt.

So konnten gestern alle frohgemut in die Bremer Gegend gucken. Bode, der hofft, „nun endlich wieder mehr Ruhe zu haben. In den letzten Wochen gab es schon Tage, an denen ich den Telefonstecker gezogen habe.“ Lemke sowieso. Und Coach Felix Magath erst recht: „Ich freue mich riesig. Das war die richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt. Das können wir gebrauchen.“ Morgen geht's zu den Bayern, und die, ist auch Magath aufgefallen, „sind nicht in ganz schlechter Verfassung“.

Woanders war die Stimmung nicht ganz so prächtig. Beim VfB Stuttgart beispielsweise, dessen Teammanager Karlheinz Förster in der letzten Woche Kontakte zu Bode bestätigt hatte. Vor allem aber bei Hertha BSC. Die Berliner hatten so fest mit der Verpflichtung des Stürmers gerechnet, daß die Berliner Zeitung den Vollzug des Transfers bereits fest für die gestrige Ausgabe eingeplant hatte. Aus der Schlagzeile wurde nichts, nachdem Bode am Mittwoch Hertha-Manager Dieter Hoeneß via Telefon abgesagt hatte. Entsprechend geknickt war gestern auch der Berliner Trainer Jürgen Röber: „Sehr ärgerlich, Bode hätte gut zu uns gepaßt.“

Wenn die Stimme des Herzens nicht gewesen wäre – wie romantisch. Wie damals, als Uns Uwe dem Lockruf Italiens widerstand. Ach, Uns Marco! Jochen Grabler

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