■ Necar 4 fährt in Washington ein
: DaimlerChrysler präsentiert abgasfreies Auto

Washington (taz) – Auf zwei Bildschirmen gleichzeitig erscheint ein traumverlorener amerikanischer Highway und dann zu pathetischer Musik ein knubbeliges Auto. Es rollt vorbei an Washingtons Sehenswürdigkeiten – um schließlich leibhaftig in den Ballsaal im Washingtoner Ronald-Reagan-Gebäude einzufahren. Die Türen öffnen sich, Bob Eaton und Jürgen Schrempp, die Chefs von Chrysler und Daimler, springen aus dem Necar 4 – dem neuen wasserstoffgetriebenen DaimlerChrysler-Auto.

Ganz neu ist Necar, das New Electric Car, nicht, wie die Nummer vier schon nahelegt. Die Vorgänger aber fuhren mit unförmig großen Brennstoffzellen oder sie hatten nur begrenzte Reichweiten. Necar 4 hat unterm Chassis einen gegenüber seinen Vorläufern stark verkleinerten 55-Kilowatt-Brennstoffzellenmotor, mit dem man mit einer Tankfüllung Flüssigwasserstoff 145 Stundenkilometer schnell und 450 Kilometer weit fahren kann – wenn auch nicht unbedingt beides zugleich.

Kaufen kann man das Ergebnis der 1,5-Milliarden-Dollar-Investition noch nicht. DaimlerChrysler möchte Necar im Jahre 2004 auf den Markt bringen. Die Brennstoffzellen erzeugen aus einer Reaktion von Sauerstoff mit Wasserstoff Strom. Den Wasserstoff kann man tanken – allerdings kann man die Tankstellen nicht ohne weiteres auf Wasserstoff umstellen – oder an Bord durch einen Verbrennungsprozeß herstellen. Dazu braucht man dann Methanol oder gereinigtes Benzin. Damit aber emittieren diese Fahrzeuge dann allerdings doch wieder CO2, wenn auch weit weniger als ein Verbrennungsmotor. Aber auch der Wasserstoff muß irgendwo hergestellt werden, und dabei entstehen, je nach Energiequelle, natürlich auch Treibhausgase.

Die Umstellung von 30 Prozent der Tankstellen hat DaimlerChrysler für Kalifornien, Massachusetts und New York durchgerechnet: Sie kostet für Wasserstoff 1,4 Milliarden Dollar, für Methanol 400 Millionen und für das neuartige Benzin 200 Millionen Dollar. Die Ölindustrie dürfte mitspielen, denn zur Zeit sind die Benzinpreise derart im Keller, daß sie an neuen Produkten stark interessiert ist. Es kommt nicht von ungefähr, daß das neue Auto in den USA vorgestellt wurde: Eine Reihe von Bundesstaaten, darunter die drei untersuchten, verlangen ab 2003 von der Industrie abgasfreie Autos. Peter Tautfest